Landwirtschaft:Einstieg in den Ausstieg

Die große Koalition will den Einsatz von Glyphosat einschränken. Irgendwie. Immerhin versprechen die beiden neuen Ministerinnen für Agrar und Umwelt, nicht so darüber zu zanken, wie ihre Vorgänger.

Die Bundesregierung will bei der Abkehr von dem umstrittenen Unkrautgift Glyphosat geschlossen vorgehen und hält Zulassungsbeschränkungen für glyphosathaltige Mittel für möglich. Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) äußerte sich zwar skeptisch über ein nationales Verbot, kündigte aber einen raschen Vorstoß zur Glyphosat-Reduzierung an. Sie werde in den nächsten Tagen einen Vorschlag machen, wie der Gebrauch verringert werden könne, sagte Klöckner am Montag vor Sitzungen der CDU-Führungsgremien in Berlin.

"Ein Verbot dieses Wirkstoffes würden wir nur auf europäischer Ebene hinbekommen", sagte auch ein Sprecher des Umweltministeriums in Berlin. Allerdings müssten die Zulassungen für glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel im Laufe dieses Jahres erneuert werden. Dabei könnte es dann zu Einschränkungen kommen, sagte er. Zuständig für die Zulassung sind das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und das Umweltbundesamt. Der Sprecher von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) verwies darauf, dass mehr als 80 Kommunen und mehrere Unternehmen schon jetzt den Einsatz von Glyphosat auf ihren Flächen ablehnen. "Der Ausstieg ist möglich, der Ausstieg ist auch schon längst im Gang", sagte er. Klöckner betonte, dass sie sich an den Koalitionsvertrag halte: "Ich bin da vertragskonform", sagte sie.

Gegen ein Verbot führt Agrarministerin Julia Klöckner rechtliche Bedenken ins Feld

Auch das Umweltministerium verwies darauf, dass Union und SPD sich auf eine Minderungsstrategie geeinigt hätten mit dem Ziel, die Anwendung so schnell wie möglich zu beenden. Im Vertrag heißt es weiter: "Die dazu notwendigen rechtlichen Maßnahmen werden wir in einem EU-konformen Rahmen verankern." Die Agrarministerin hatte der Süddeutschen Zeitung vor dem Hintergrund rechtlicher Bedenken der EU-Kommission gegen ein Glyphosat-Verbot in Österreich gesagt: "Verbote haben nicht immer Bestand." Sie betonte später, sie habe sich nicht gegen ein Verbot von Glyphosat ausgesprochen. "Ich habe darauf hingewiesen, dass es eine europarechtliche Frage ist." Das von Österreich ausgesprochene Komplettverbot sei europarechtswidrig.

Der Unkrautvernichter Glyphosat war 2017 in der EU nach langem Streit für weitere fünf Jahre zugelassen worden. Der damalige Agrarminister Christian Schmidt (CSU) gab Deutschlands Zustimmung in Brüssel gegen den Willen von Ex-Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), was für Verstimmungen in der großen Koalition sorgte. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation stufte Glyphosat im März 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" ein. Andere Institutionen sahen dafür keine ausreichenden Belege. Umweltschützer warnen aber auch vor den Gefahren für Insekten und Vögel, deren Lebensgrundlage Glyphosat zerstöre.

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