Landwirtschaft:"Die Milchmenge muss runter"

Wegen des dramatischen Preisverfalls fordert Schleswig-Holsteins grüner Agrarminister die Rückkehr zu einer zeitlich begrenzten Quote. Derweil protestieren mehrere Hundert Milchbauern.

Von Jan Heidtmann, Berlin

Die Widerstände gegen die Milchpolitik der Bundesregierung nehmen zu. Am Dienstag versammelten sich mehrere Hundert Bauern des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) im mittelfränkischen Neustadt. Vor dem Wahlkreisbüro von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) demonstrierten sie dafür, dass überschüssige Milchmengen aufgekauft und so der Verfall des Preises eingedämmt werden soll. "Wir sind extrem sauer auf einen Minister, der uns in eine immer tiefere Verschuldung treibt und der die Krise unnötig in die Länge zieht", sagte BDM-Chef Romuald Schaber. Der Verband sieht sich als Gegeninitiative zum größeren Bauernverband, der die Politik der Bundesregierung weitgehend stützt.

Gleichzeitig forderte Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die Menge angebotener Milch auch zwangsweise zu drosseln. "Die Milchmenge muss runter, sonst werden reihenweise Betriebe und damit Existenzen zerstört", sagte Habeck der Süddeutschen Zeitung. "Wenn freiwillige Maßnahmen nicht greifen, muss die EU als Ultima Ratio kurzfristig eine zeitlich begrenzte obligatorische Mengenbegrenzung beschließen", so Habeck.

Der Preis, den Bauern von den Molkereien für einen Liter Milch bekommen, war in den vergangenen Tagen in einigen Regionen auf einen vorläufigen Tiefststand von 19 Cent gefallen. Schon vor wenigen Wochen hatten Discounter wie Aldi und Norma ihre Preise für den Liter verkaufter Milch auf 46 Cent gesenkt. Der Preis ist innerhalb weniger Wochen um 30 Prozent gefallen. Die Gründe für den stetig sinkenden Preis sind vielfältig: Das Wirtschaftsembargo gegen Russland und die sinkende Kaufkraft in China haben zu geringerem Absatz auf diesen wichtigen Märkten geführt; andererseits produzieren unter anderem die USA und Neuseeland mehr billige Milch und verdrängen so das Angebot aus Deutschland.

Gleichzeitig ist im April 2015 die Milchquote abgeschafft worden. Diese hatte die Menge der in der Europäischen Union produzierten Milch über 31 Jahre reguliert. Auch in dieser Zeit schwankte der Milchpreis teils erheblich; seitdem die Menge nicht mehr quotiert wird, sinkt er jedoch stetig. Beim Deutschen Bauernverband wird erwartet, "dass die Erzeugerpreise in den kommenden Monaten weiter unter Druck sein werden". Grund dafür seien die teils "desolaten" Abschlüsse zwischen dem Lebensmitteleinzelhandel und den Molkereien.

Der Bundeslandwirtschaftsminister hat wegen der Krise der Bauern für den 30. Mai Politiker, Molkereien, Einzelhändler und Bauernvertreter zu einem Milchgipfel eingeladen. Dort sollen Hilfen für die Milchbauern beschlossen werden, darunter Steuererleichterungen, Liquiditätshilfen und Bürgschaften. Christian Schmidt lehnt es aber kategorisch ab, die Menge der verkauften Milch wieder zu begrenzen: "Die Lösung der Milchkrise kann nur im Markt selbst und durch die Beteiligten erfolgen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: