Landwirtschaft:Bundesregierung hilft den Milchbauern

Wegen der gesunkenen Preise erhalten Landwirte 100 Millionen Euro. Eingriffe in den Markt soll es aber nicht geben.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Die Bundesregierung will den Milchbauern mit Finanzhilfen aus der Klemme helfen. Ziel sei es, die Landwirte mit einer Summe von "100 Millionen Euro plus x" zu unterstützen, kündigte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) nach einem Krisentreffen in Berlin an. Das Ziel müsse sein, die Existenz der Höfe zu sichern. Deutschlands Milchbauern leiden derzeit unter den gesunkenen Preisen für ihre Milch, vor allem wegen eines massiven Überangebots in ganz Europa. Pro Liter erhalten sie teils weniger als 20 Cent, in Supermärkten ist Milch derzeit schon für 46 Cent zu haben.

Staatliche Eingriffe oder Produktionsquoten in den Markt lehnte Schmidt kategorisch ab. "Bauern und Molkereien müssen Angebot und Nachfrage besser ausgleichen als bisher", sagte er. Die Branche könne bereits jetzt legal Absprachen treffen. "Ich erwarte mir davon den Einstieg in eine strategische Rohstoffplanung, die Verlässlichkeit auf allen Seiten erzeugt", so Schmidt. Wie das konkret gehen soll, blieb aber offen. So vereinbarten die Teilnehmer des Treffens - darunter waren die Spitzenverbände von Handel, Bauern, Genossenschaften und Milchindustrie - zunächst nur die Einrichtung eines "Branchendialogs". Dessen genaue Struktur blieb aber ebenso unklar. Dennoch zeigte sich Schmidt gewiss, dass die Runde verbindlicher sei, als sie daherkomme.

Ungeklärt ist auch der Umfang der finanziellen Hilfen, also die Größe des "x". In den 100 Millionen Euro stecken vor allem 78 Millionen Euro, die der Bund als Zuschuss an die landwirtschaftliche Unfallversicherung gewähren will. Weitere 20 Millionen Euro will sich der Bund eine Steuer-Erleichterung kosten lassen: So sollen die Landwirte rückwirkend für die vergangenen drei Jahre ihre Gewinne "glätten", also gute gegen schlechte Jahre steuerlich verrechnen können. Der Deutsche Bauernverband fordert dies schon länger.

Nach dem Treffen am Montag zeigte sich Bauernpräsident Joachim Rukwied dennoch unzufrieden. So reichten 100 Millionen Euro bei Weitem nicht aus, das "plus x" müsse sich auf ein Vielfaches belaufen, womöglich auf das zehnfache, also eine Milliarde Euro. Auch müssten die Hilfen rasch anlaufen. "Die Erwartungshaltung ist sehr ausgeprägt", sagte Rukwied. Schmidt sagte lediglich zu, das X werde "größer als null" sein. Alles Weitere wolle er nun innerhalb der Bundesregierung und mit der EU-Kommission aushandeln.

Die Opposition kritisierte die Ergebnisse des Treffens scharf. Das Geld komme nicht gezielt genug bei den Betrieben an, sondern werde "unkontrolliert in einen schon jetzt dysfunktionalen Markt gepumpt", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Süddeutschen Zeitung: "Wir brauchen Anreize, weniger Milch zu produzieren und kein blindes Gießkannen-Prinzip." Ähnlich argumentierten auch Milchbauern, die in Berlin demonstrierten. "Wenn die Betriebe Geld zur Verfügung bekommen, dann muss das an die Bedingung geknüpft werden, dass sie weniger Milch produzieren", sagte Romuald Schaber, Chef des Milchbauern-Verbands BDM. Zu dem Krisentreffen war sein Verband nicht eingeladen worden. Letztendlich müsse jeder Eingriff über die EU-Kommission laufen. Zu diesem Schluss kam auch die Runde im Ministerium.

Europaweit haben Landwirte zuletzt die Milchproduktion ausgeweitet. Seit sich die Hoffnung auf steigende Ausfuhren zerschlagen hat, drückt ein Überangebot europaweit auf die Preise.

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