Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen:Hannelore Kraft reitet auf Martin Schulz' Erfolgswelle

  • Bei der Landtagswahl am 14. Mai setzt die nordrhein-westfälische SPD erneut auf Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.
  • In Düsseldorf wurde Kraft einstimmig von allen 422 geheim abstimmenden Delegierten auf Platz 1 der Landesliste gewählt.

Von Jan Bielicki, Düsseldorf

Am Ende gibt es keine Gegenstimme, keine Enthaltung. Ausnahmslos alle Delegierten tun, was an diesem Samstag auf der Landesdelegiertenkonferenz der nordrhein-westfälischen SPD in Düsseldorf von ihnen erwartet wird: Ihre Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zur Spitzenkandidatin zur Landtagswahl im Mai zu wählen.

Natürlich sind sie schon zuvor aufgesprungen und haben Beifall geklatscht, als Kraft ihre Rede beendet hatte. Das alles gehört zu den Ritualen solcher Parteitage, auf denen eine Partei kurz vor der Wahl Stärke und Geschlossenheit beweisen will - was gerne in Länge und Lautstärke des, so scherzt Kraft, "Applausometers" bemessen wird. Der SPD-Applaus in Düsseldorf ist: laut und lange.

In Düsseldorf zeigt sich nicht nur professionelle Parteitagsregie, sondern tatsächlich so etwas wie Stimmung, in die sich die Sozialdemokraten pünktlich zum Wahlkampfauftakt gesteigert haben. Die nämlich sei "prächtig", begrüßt Kraft ihre Parteifreunde und macht sogar "eine Aufbruchsstimmung im ganzen Land" aus. 1900 Parteieintritte in den vergangenen paar Wochen erwähnt sie, also dreimal so viel wie in den zuvor für die SPD eher mageren Zeiten. Und das hat mit dem neuen Hoffnungsträger aus dem linksrheinischen Würselen zu tun, dessen Namen Kraft natürlich auch nennt: "Wir sind stolz, dass Martin Schulz einer von uns ist und unser Bundeskanzler wird." Der letzte Teil des Satzes geht im Beifall fast unter.

"Das ist soziale Gerechtigkeit"

Für die NRW-Sozialdemokraten kommt der Hype um den künftigen Bundesvorsitzenden und Kanzlerkandidaten gerade zur rechten Zeit. Noch zum Jahresende dümpelten sie in landesweiten Umfragen gleichauf mit oppositionellen CDU knapp jenseits der 30 Prozent, weitab von den mehr als 39 Prozent, mit den Kraft vor fünf Jahren die Wahl gewonnen hatte. Neue Befragungen lassen die SPD nun deutlich vor den Christdemokraten liegen, auch wenn die Zahlen wegen des schwächelnden Koalitionspartners für eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition noch lange nicht reichen würden. Die Sympathiewerte für die Ministerpräsidentin lagen ohnehin immer klar über denen für ihre CDU-Konkurrenten Armin Laschet, sogar noch vor einem Jahr, als Kraft auch nach Ansicht mancher Parteifreunde eher lust- und antriebslos vor sich hin regierte.

Nun aber zeigt sie sich wieder so, wie sie bereits in Wahlkampf vor fünf Jahren gezogen ist: als eine, die rhetorisch alle umarmt, die im Land leben und arbeiten: "Du bist Nordrhein-Westfalen." Sie setzt auf eine Bilanz, die auch davon profitiert, dass die Wirtschaft in der ganzen Bundesrepublik brummt und die wachsenden Steuereinnahmen es auch dem bevölkerungsreichsten Bundesland erlauben, die Neuverschuldung zuletzt auf Null zu bringen und trotzdem mehr Geld auszugeben - etwa für Schulen und Kinderbetreuung. Finanzierbar erscheint so sogar das Versprechen, das die Sozialdemokraten im Wahlkampf besonders betonen: künftig weitgehend kostenfreie Kitas.

"Das ist soziale Gerechtigkeit", sagt Kraft immer wieder, mindestens ein Dutzend Mal in ihrer Rede. Sie muss sich nicht anstrengen, um eine ähnliche Tonlage wie Martin Schulz treffen. "Wir haben vieles geschafft, aber es gibt noch vieles zu tun", sagt sie, "einiges ist auch zu korrigieren." Silvester in Köln und Fehler im Umgang mit dem Terror-Attentäter von Berlin erwähnt sie in ihrer Rede nicht. Im Magazin Spiegel stellte sie sich jedoch vor ihren Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD). Sie setze "keinen Innenminister ab, nur weil jemand glaubt, ihn im Wahlkampf zum Abschuss freigeben zu müssen".

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