Lage in Afghanistan:"Ein langer Kampf steht bevor"

Die USA haben auf der Münchner Sicherheitskonferenz Fehler bei ihrem Afghanistan-Einsatz eingeräumt - und mehr Unterstützung gefordert.

Der US-Kommandeur für den Nahen und Mittleren Osten, General David Petraeus, hat die Bündnispartner der USA zu größeren Anstrengungen für Afghanistan aufgefordert. "Es wird weder einfach noch billig, ein langer Kampf steht bevor", sagte Petraeus am Sonntag auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Er rufe jedes Land auf, zu überprüfen, ob sein Einsatz für Afghanistan groß genug sei. Es gehe hier nicht nur um militärische Maßnahmen. Aber diese seien die Grundlage dafür, andere und zivile Maßnahmen überhaupt erst ergreifen zu können.

Lage in Afghanistan: "Wir müssen zuhören": General David Petraeus

"Wir müssen zuhören": General David Petraeus

(Foto: Foto: dpa)

Die Isaf brauche nicht nur mehr Kampftruppen, sondern auch mehr Unterstützungspersonal. "Mehr Logistik, mehr Aufklärung, mehr Flugzeuge, mehr Informationseinheiten. Das ist von essentieller Bedeutung." Es sei sehr wichtig, dass nun große finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt würden, "die Länder müssen ihren Verpflichtungen nachkommen".

Der General legte in seiner Rede großen Wert auf eine Kooperation mit den Afghanen. "Wir müssen zuallererst die Bevölkerung sichern und ihr dienen. Und wir müssen gute Nachbarn sein." Afghanische und Isaf-Kräfte müssten gemeinsam präsent sein. "Wir müssen zuhören, und wir müssen viele gemeinsame Tassen Tee trinken", sagte Petraeus.

"Es gibt keine Zauberformel für Afghanistan"

Auch der neue amerikanische Sondergesandte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, geht von einem langen Krieg der internationalen Schutztruppe gegen Extremisten in der Region aus. Holbrooke sagte auf der Sicherheitskonferenz: "Es gibt keine Zauberformel für Afghanistan." Zu wenig militärische Schlagkraft und zu wenig zivile Hilfe seien Gründe, warum Al-Qaida- und Taliban-Kämpfer an Boden gewonnen hätten. "Alle Nachbarländer haben ihre Rolle zu spielen", sagte Holbrooke.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai sagte am Sonntag bei der Sicherheitskonferenz, der Kampf gegen den Terrorismus in seinem Land sei längst noch nicht am Ende. Er rief jene Taliban, die nicht zu al-Qaida oder anderen Terrornetzwerken gehören, zur Aussöhnung und zur Rückkehr nach Afghanistan auf.

Zugleich beklagte Karsai die zahlreichen Todesopfer unter Zivilisten durch Angriffe der ausländischen Truppen in Afghanistan. Ihnen warf er in einer von scharfer Kritik geprägten Rede mangelnden Respekt vor der afghanischen Bevölkerung vor.

US-Sicherheitsberater James Jones, bis 2006 Nato-Oberbefehlshaber, gab strategische Fehler beim Einsatz der mittlerweile 55.000 Soldaten starken Truppe zu. "Ich denke, wir habe erst allmählich gelernt, dass die Probleme in Afghanistan nicht nur ein Land betreffen, sondern dass es sich um ein regionales Problem handelt", sagte er.

Die internationale Koordination von militärischem Einsatz und zivilem Wiederaufbau sei "bestenfalls lückenhaft" gewesen. "Wir haben uns zu sehr auf den militärischen Teil konzentriert. Der ist wichtig, aber nicht das einzige." Beispielsweise sei der Aufbau der Polizei vernachlässigt worden. "Wir bezahlen jetzt den Preis dafür." Bereits am Freitag hatte Jones im Interview mit der Süddeutschen Zeitung mehr zivile Unterstützung für Afghanistan gefordert.

Schwieriger Kampf gegen Drogengeschäft

Karsai sagte, man habe sich bei der Bekämpfung des Terrorismus in den vergangenen Jahren nicht rechtzeitig auf die Rückzugsgebiete der Terroristen und die Terror-Ausbildungslager konzentriert. Es gebe mit der internationalen Gemeinschaft keine Übereinstimmung in der Frage, wie den Bauern, die bisher Geld mit dem Anbau von Schlafmohn für die Drogenherstellung verdienen, ein alternativer Lebensunterhalt ermöglicht werden kann.

Scharf kritisierte er, dass nach wie vor 22 private ausländische Sicherheitsunternehmen mit insgesamt 17.000 Angestellten im Lande tätig seien: "Sofern wir das nicht schrittweise reduzieren, werden wir keine funktionierende Polizei bekommen."

Auch der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung warb für einen verstärkten zivilen Wiederaufbau in Afghanistan. Allein militärisch werde die internationale Gemeinschaft dort nicht erfolgreich sein. Obwohl die Nato seit 2003 in Afghanistan sei, sei erst 2008 beim Nato-Gipfel in Bukarest eine Gesamtstrategie beschlossen worden.

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