Länderfinanzausgleich:Straßen-Kampf

German Finance Minister Schaeuble arrives for a session of the Bundestag, the German lower house of parliament, in Berlin

Finanzminister Wolfgang Schäuble ist noch nicht zufrieden.

(Foto: Hannibal Hanschke/Reuters)

Bund und Länder sind zuversichtlich, sich bald auf einen Finanzausgleich einigen zu können. Ein Streitpunkt ist die Zuständigkeit für den Fernverkehr.

Von Cerstin Gammelin und Wolfgang Wittl, Berlin/München

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verlangt von den Ministerpräsidenten, den nach hektischen Verhandlungen endlich vorgelegten Vorschlag für einen neuen Länderfinanzausgleich nachzubessern. Die lange erwartete Einigung zwischen den Bundesländern über die Umverteilung von Steuereinnahmen sei zwar "ein Schritt in die richtige Richtung", sagte Martin Jäger, Sprecher des Bundesfinanzministers am Freitag. "Wir sind aber noch nicht am Ziel."

Schäubles Sprecher ließ erkennen, dass die geforderten Nachbesserungen moderat seien, weil auch der Bundesregierung daran gelegen ist, den leidigen Streit zügig beizulegen. Der ironische Unterton war unüberhörbar, als Jäger auf eine zentrale Forderung hinwies. "Aus irgendeinem Grund hatten die Länder vergessen, die Infrastrukturgesellschaft einzubeziehen", sagte er. Schäuble habe sie in der letzten Sitzung daran erinnert und gebeten, das Versäumnis nachzuholen. Die Ministerpräsidenten, so Jäger, hätten dies nicht zurückgewiesen, weswegen der Bundesfinanzminister bei seinen weiteren Betrachtungen davon ausgehe, "dass die Infrastrukturgesellschaft wieder im Paket ist". Hinter dem kryptischen Begriff Infrastrukturgesellschaft verbirgt sich das Anliegen des Bundes, die Verwaltung der Fernstraßen aus der Zuständigkeit der Länder in die des Bundes zu überführen, um die Verkehrsplanung bundesweit steuern - und langfristig auch Mautsysteme einführen zu können.

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer lehnt eine solche zentrale Verwaltung jedoch ab. "Die Infrastrukturgesellschaft kommt nicht", sagte Seehofer am Freitag in München. Er werde keiner weiteren Übertragung von Behördenkompetenzen an den Bund zustimmen. Dies sei eine Lehre aus den Erfahrungen mit anderen zentralen Einrichtungen wie dem Eisenbahnbundesamt, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie der Bundesnetzagentur. Die Länderhoheit wie bei den Stromnetzen aufzugeben - dies würde er "nie mehr machen", sagte Seehofer.

Bayern hält an seiner Klage in Karlsruhe vorläufig fest

Weiteren Nachbesserungsbedarf sieht Schäuble bei der Forderung der Länder, die Umverteilung zwischen reichen und armen Ländern durch einen kräftigen Zuschlag vom Bund in Höhe von gut 9,65 Milliarden Euro zu ergänzen. Schäuble sei zuerst mit "sehr großzügigen" sieben Milliarden Euro Zuschuss eingestiegen, sagte Jäger. Schrittweise sei dies zu einem "abschließenden Vorschlag" von 8,5 Milliarden Euro ausgebaut worden - und zwar auf der Basis des Datums 1. 1. 2020. Zu diesem Zeitpunkt soll der bisherige Finanzausgleich zusammen mit den Hilfen für den Aufbau Ost enden. Die Länder allerdings betrachten Schäubles angeblich finales Angebot von 8,5 Milliarden Euro auf Basis der Steuereinnahmen des Jahres 2014 - und errechnen sich entlang des zwischen 2015 und 2019 erwarteten Wirtschaftswachstums und steigender Steuereinnahmen aus den 8,5 Milliarden Euro einen Zuschlag von 9,65 Milliarden Euro. "Hier liegt das Problem", sagte Jäger. Sein Widerspruch fiel dann allerdings verhalten aus: "Das kann der Bund nicht unbesehen so akzeptieren", sagte Jäger. Und: "Wir werden uns alles genau durchrechnen und in der Bundesregierung besprechen."

Genaue Termine für die Gespräche nannte Jäger nicht - allerdings sollten diese "zügig" stattfinden. In Koalitionskreisen hieß es am Freitag, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Sigmar Gabriel und Schäuble würden "noch in der Nacht reden". Die Bundesregierung habe kein Interesse, dass in der anhaltenden Flüchtlingskrise ein weiteres Kampffeld zwischen Bund und Ländern dauerhaft offen bleibe. In Regierungskreisen geht man davon aus, dass sich Bund und Länder noch vor den Landtagswahlen im März einigen.

Auch Seehofer zeigte sich zuversichtlich. "Ich setze darauf, dass wir in den Verhandlungen mit dem Bund ein Einvernehmen erzielen", sagte er. Solange sich die Einigung allerdings nicht im Gesetzgebungsprozess befinde, werde Bayern seine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht aufrecht erhalten. Der Freistaat und Hessen hatten als Hauptzahler juristische Schritte gegen den bestehenden Finanzausgleich eingeleitet.

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