Kurz vor Beginn des Ausbildungsjahres:Mehr als 20.000 Jugendliche ohne Lehrstelle

Lesezeit: 1 min

Trotz des zwischen der Regierung und den Wirtschaftsverbänden geschlossenen Ausbildungspaktes fehlen kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres noch Zehntausende Lehrstellen.

Von Nina Bovensiepen

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) geht davon aus, dass zum Stichtag am 30. September eine Lücke von 20.000 bis 30.000 Plätzen bleibt. Die Gewerkschaften kündigten an, die endgültige Bilanz abzuwarten.

"Sollte diese zeigen, dass sich keine Trendwende am Lehrstellenmarkt abzeichnet, werden wir die Fraktionen auffordern, das Vorhaben einer Ausbildungsplatzabgabe wieder zu verfolgen", sagte der stellvertretende Verdi-Vorsitzende Frank Werneke der Süddeutschen Zeitung.

Vertreter der Verbände, die Bundesagentur für Arbeit, Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) werteten den im Juni geschlossenen Ausbildungspakt trotz der sich abzeichnenden Lehrstellenlücke als Erfolg.

"Der Pakt wirkt. Wir haben das Ziel vor Augen, erreicht haben wir es noch nicht", sagte Ludwig Georg Braun, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) und Initiator des Bündnisses. Clement zeigte sich zuversichtlich, dass bis Jahresende jeder ausbildungswillige und -fähige Jugendliche ein Angebot erhalte.

Die Wirtschaftsverbände hatten im Juni in dem Bündnis mit der Regierung zugesagt, in den nächsten drei Jahren je 30.000 neue Lehrstellen einzuwerben sowie jährlich 25.000 mehrmonatige Praktika als Berufseinstieg für schwer vermittelbare Jugendliche zu schaffen.

Nach Angaben von Industrie und Handwerk wurden in den Betrieben bisher 36.300 Lehrstellen geschaffen. Aufgrund der Wirtschaftsflaute oder in Folge von Insolvenzen haben die Unternehmen aber auch massiv Ausbildungsplätze abgebaut.

Unter dem Strich steht ein Plus von 10.800 Lehrstellen. Gleichzeitig gibt es 20.000 mehr Bewerber als im Vorjahr. Deshalb dürfte die Lücke zum Start des Ausbildungsjahres größer sein als im vergangenen Jahr, als 20.000 Plätze fehlten.

"Die Aktivitäten der Wirtschaft führen bestenfalls dazu, dass sich die Ausbildungsplatzlücke nicht vergrößert", kritisierte Verdi-Vorstand Werneke.

Weniger als ein Viertel aller Betriebe bildet aus

Deshalb müsse man darüber nachdenken, ob nicht doch gesetzliche Vorgaben gebraucht würden. Noch immer bildeten nur 23 Prozent der Betriebe aus. Diese Quote gelte es zu steigern. Die Regierung hatte ihre Drohung mit einer Zwangsabgabe im Gegenzug für die Zusagen der Wirtschaft fallen gelassen.

Clement und die Verbände erklärten, in den kommenden Monaten werde versucht, möglichst viele unversorgte Jugendliche über eine Nachvermittlungsaktion unterzubringen.

Sie würden in nächster Zeit angeschrieben. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, sagte, Ziel sei es, dass die Zahl der unvermittelten Bewerber am Jahresende unter den 35000 Unversorgten des vergangenen Jahres liege. "Die Projektion sagt, dass die Lücke kleiner geworden ist", erklärte Weise.

© SZ vom 22. September 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: