Kurras:"Können die uns nicht endlich in Ruhe lassen?"

Der Polizist Karl-Heinz Kurras, der 1967 in Berlin Benno Ohnesorg erschossen hat, war nach neuesten Erkenntnissen Stasi-Mitarbeiter - will aber nicht mehr über die Vergangenheit reden.

Karl-Heinz Kurras will sich weder zu seiner Stasi-Tätigkeit noch zum Tod des Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 äußern. "Nach 42 Jahren, was soll denn das, können die uns nicht endlich mal in Ruhe lassen?", sagte der frühere West-Berliner Polizist dem Tagesspiegel laut Vorabmeldung.

Seine Frau sagte, sie seien alte und kranke Leute. "Wir haben hier Eigentumswohnungen und halten zusammen", sagte sie mit Blick auf Medien, die am Freitag versucht hatten, Kurras vor seiner Wohnung in Berlin zu sprechen. Niemand mache Fremden die Tür auf.

Nach den jüngsten Enthüllungen über eine Stasi-Zugehörigkeit des Todesschützen von Ohnesorg will dessen Bruder Willibald die Stasi-Akten persönlich einsehen. Er wolle für die Familie zum jetzigen Zeitpunkt aber keine Stellungnahme abgeben, sagte der in Hannover lebende Bruder. Alles andere habe die Familie im Laufe der Jahrzehnte gesagt.

Benno Ohnesorgs Sohn Lukas vertrat in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung die Ansicht, die Stasi-Akten würden die Debatte um den Tod seines Vaters und über die Studentenunruhen neu entfachen. Dessen gewaltsamer Tod sei ein "Schicksalsschlag" gewesen, der die Familie bis heute belaste. Lukas Ohnesorg kam fünf Monate nach dem Tod seines Vaters zur Welt, seine Mutter starb vor einigen Jahren.

Trotz der Aktenfunde zum Todesschützen Karl-Heinz Kurras sieht der Autor Uwe Soukup ("Wie starb Benno Ohnesorg: Der 2. Juni 1967") keinen Grund, die Geschichte umzuschreiben. Die Stasi-Akten über Kurras seien aber auch für ihn eine Überraschung gewesen. "Ich habe vor zwei Tagen davon erfahren und mich erstmal hingesetzt", sagte Soukup. Der Autor hat in einem vor zwei Jahren erschienenen Buch den Todestag Ohnesorgs rekonstruiert.

Der Sohn des ehemaligen Generalbundesanwalts Siegfried Buback, Michael Buback, griff seinerseits die Ermittlungsbehörden an. Mit Blick auf Kurras' Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der früheren DDR sagte Buback dem Kölner Stadt-Anzeiger:"Ich bin erstaunt, dass solch ein Umstand so lange verborgen bleiben konnte." Buback zog eine Parallele zur Ermordung seines Vaters im Jahr 1977. Auch hierzu seien "viele Dinge mehr als 30 Jahre lang verborgen geblieben." Michael Buback zweifelt bis heute an der Darstellung der Justizbehörden über die Ermordung seines Vaters durch die RAF.

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