Kurdenkonflikt:Türkei und Iran drohen den Kurden

Referendum in Kurdistan

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hält eine Rede während der Abschlussfeier einer Polizeiakademie. Erdoğan drohte den Kurden im Nordirak mit einem Ende des Ölexports über sein Land und mit einer militärischen Intervention.

(Foto: dpa)
  • Der türkische Präsident Erdoğan hat den Kurden mit weiteren Sanktionen gedroht, wenn sie "nicht zu Sinnen kommen".
  • Erdoğan reist an diesem Mittwoch nach Iran: Von dem Besuch werden richtungsweisende Entscheidungen erwartet.
  • Die Türkei und Iran erhöhen den Druck: Beide Staaten haben Militärmanöver an der Grenze zu den Kurdengebieten ausgeführt.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Die Türkei und Iran erhöhen nach dem Unabhängigkeitsreferendum in den irakischen Kurdengebieten den Druck auf die Regionalregierung von Präsident Massud Barzani in Erbil. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan sagte am Dienstag, bisher habe man nur einige Embargos gegen die Autonomieregion im Nordirak verhängt. "Wenn sie aber nicht zu Sinnen kommen, wird das kontinuierlich verschärft", drohte er in einer Rede.

Die Regionalregierung kündigte unterdessen Präsidenten- und Parlamentswahlen für den 1. November an. Dies war Teil einer Vereinbarung der meisten kurdischen Parteien über die Volksabstimmung. Barzani darf nicht erneut antreten. So könnten die Wahlen womöglich zu einer Entspannung mit Bagdad und den Nachbarn beitragen.

Von Erdoğans Besuch in Iran werden wichtige Entscheidungen erwartet

Erdoğan reist an diesem Mittwoch zu einem Staatsbesuch nach Teheran, wo er neben Präsident Hassan Rohani auch den Obersten Führer Ayatollah Ali Chamenei treffen soll. Von dem Besuch werden richtungsweisende Entscheidungen für die Reaktion der beiden Länder erwartet, die wie die irakische Zentralregierung in Bagdad die Volksabstimmung entschieden zurückweisen. Die beiden Staaten haben lange etwa in Syrien gegensätzliche Interessen verfolgt, nähern sich aber über die Kurdenfrage gerade wieder an; beide haben große kurdische Minderheiten im Land. Rohani hatte bereits im April Ankara besucht.

Iran hat am Montag eine dreitägiges Manöver an der Grenze zu den Kurdengebieten begonnen. Die Revolutionsgarden übten gemeinsam mit Schiiten-Milizen aus dem Irak, den sogenannten Volksmobilisierungseinheiten, von denen viele von Iran unterstützt und gesteuert werden. Zwei wichtige Übergänge, Parviz Khan und Baschmakh, waren vorübergehend für den Güterverkehr geschlossen. Zuvor hatte schon die türkische Armee eine gemeinsame Übung mit Einheiten des irakischen Militärs im Grenzgebiet abgehalten. Dutzende Panzer blieben danach in der Region.

Die Kurden sind von Importen aus den Nachbarländern abhängig

Die Zentralregierung in Bagdad unter Premier Haidar al-Abadi verlangt von den Kurden, die Kontrolle über die Außengrenzen abzugeben, die bislang den Peschmerga obliegt. Es gilt als denkbar, dass irakische Einheiten versuchen, von Iran oder der Türkei aus die Kontrolle über die Grenzübergänge zu übernehmen oder Kontrollpunkte auf türkischem und iranischem Gebiet zu errichten.

Sollten sich die Kurden widersetzen, könnten Ankara und Teheran die Grenzen schließen. Für die Kurden hätte das einschneidende Folgen. Sie sind von Importen aus den Nachbarländern abhängig, auch für ihre Lebensmittelversorgung. Etwa 70 Prozent der Einfuhren kommen aus der Türkei, 30 Prozent aus Iran.

Bereits am Freitag hatte Bagdad den Luftraum für internationale Verbindungen zu den Flughäfen in Erbil und Sulaimaniyah gesperrt. Ausgenommen sind militärische Flüge und solche von Hilfsorganisationen und Diplomaten. Die beiden Flughäfen bedienen seither nur noch Inlandsflüge; in der Region gestrandete Ausländer können aber ohne Zahlung einer Strafe oder den Erwerb eines Ausreisevisums Irak über den internationalen Flughafen in Bagdad verlassen, teilte das Innenministerium mit.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: