Künftiger Staatssekretär Baake:Ein Grüner für die SPD

Ein grüner Spitzenbeamter im Ministerium eines Sozialdemokraten: Rainer Baake wird nach SZ-Informationen Staatssekretär im neuen Wirtschafts- und Energieministerium von Sigmar Gabriel. Das zeugt von Mut. Gabriel will die Energiewende offenbar antreiben statt ausbremsen.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Rainer Baake hat es weit gebracht. Als sein Thinktank "Agora Energiewende" kürzlich einen Vorschlag für eine grundlegende Reform des Ökostrom-Gesetzes EEG vorlegte, da landete die Idee flugs auf dem Schreibtisch der Kanzlerin und fand von da ihren Weg in die Sondierungsgespräche. Seinerzeit allerdings in jene zwischen Union und Grünen, was auch insofern Sinn ergab, als Baake ein Grüner ist. Er war Staatssekretär beim Bundesumweltminister Jürgen Trittin, Staatssekretär beim hessischen Umweltminister Joschka Fischer und dessen diversen Nachfolgern. Und das ist längst nicht alles.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wird Baake, 58, nun auch Staatssekretär im neuen Wirtschafts- und Energieministerium von Sigmar Gabriel werden - ein grüner Spitzenbeamter im Ministerium eines Sozialdemokraten. Das allein zeugt schon von einigem Mut, werden doch mit den gut dotierten Beamtenposten gerne auch verdiente Parteifreunde bedacht. In diesem Fall allerdings geht es offenbar eher um Expertise und Erfahrung.

Baake ist überzeugter Anhänger der Energiewende

Baake hatte 2012 den Energiewende-Thinktank aufgebaut. Gefördert von der Mercator-Stiftung, sollte er unabhängig von Lobbyisten und Parteipolitik ausloten, wie sich der Umbau bewerkstelligen lässt. Dazu berief die Agora einen "Rat", in dem Fachleute offen diskutieren sollten; etwa über ein neues Stromsystem, in dem erneuerbare Energien schrittweise die Führung übernehmen.

Baake ist überzeugter Anhänger der Energiewende; vor allem aber kämpfte die Agora dafür, die Debatte vom ideologischen Ballast der Vergangenheit zu befreien. Weswegen die Denkfabrik in ihrem Vorschlag für die Ökostrom-Reform auch eine radikale Kappung der Fördersätze forderte; oder etwa kritisch mit dem massiven Ausbau der Windenergie zur See umging. Bevor er die Agora gründete, war Baake sechs Jahre Hauptgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe gewesen, die seinerzeit mit Verve gegen schwarz-gelbe Pläne längerer Atomlaufzeiten eintrat. Schließlich hatte Baake die als Staatssekretär Trittins selbst mit verkürzt.

Mit der Berufung gibt Gabriel so auch ein Signal an die eigene Partei: Ungeachtet aller Sorgen von Sozialdemokraten und Gewerkschaften um die Zukunft der Kohlekraft will ein Energieminister Gabriel die Energiewende nun offenbar eher antreiben als ausbremsen. Auch ist Baake unverdächtig jeglicher Nähe zu den großen Stromkonzernen. Mit dem Essener RWE-Konzern lieferte er sich in den Neunzigerjahren eine zähe Schlacht um die Sicherheit des hessischen Atomkraftwerks Biblis, das inzwischen stillgelegt ist.

Kleines Signal an die Grünen

Und ein kleines Signal an die Grünen steckt auch in der Berufung: Für eine zukünftige Zusammenarbeit findet sich fortan auch ein Anker im Ministerium des SPD-Chefs; eine kleine rot-grüne Koalition im Kreis seiner Staatssekretäre. Damit hat Baake ja auch schon reichlich Erfahrungen am eigenen Leib gesammelt.

Allerdings könnte der Grüne Baake es nun mit den Sozialdemokraten leichter haben als früher. Der natürliche Gegner eines Umwelt-Staatssekretärs war bislang stets der Amtskollege im Wirtschaftsministerium. Unter Jürgen Trittin musste Baake mit den Staatssekretären von Werner Müller und Wolfgang Clement über so heikle Dinge wie den Atomausstieg, das Dosenpfand oder den Emissionshandel für den Klimaschutz streiten; nicht selten übrigens mit Erfolg.

Die Rolle ist gar nicht so neu

Nun nimmt er selbst den Posten im Wirtschaftsministerium ein, und auf der "Gegenseite" sitzt als Staatssekretär jetzt ein alter Bekannter: Der Sozialdemokrat Jochen Flasbarth, bisher Präsident des Umweltbundesamtes. Unter Gabriel zu arbeiten ist für Baake noch nicht einmal so neu, er war nämlich schon einmal Staatssekretär von Sigmar Gabriel - acht Jahre ist es her. Damals war dieser, auch zu seiner eigenen Überraschung, Umweltminister geworden, sollte aber prompt zur Klimakonferenz ins kanadische Montreal reisen. Mit auf dieser Tour war damals: Der Grüne Rainer Baake, auf seine letzten Tage als Umwelt-Staatssekretär. Er habe, sagte Gabriel damals, auf dessen Erfahrung einfach nicht verzichten wollen.

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