Kritik an Bundesregierung:Arbeitgeberpräsident kritisiert Schwarz-Gelb heftig

Wer sanieren will, darf keine neuen Sozialleistungen beschließen: Arbeitgeberpräsident Hundt hat die Koalition heftig kritisiert und fordert größere Sparanstrengungen. Der FDP wirft er Klientelpolitik vor.

Head of Germany's employers association Dieter Hundt holds a news conference in Berlin

Union und FDP hätten manche vernünftige Reformen der Vorgängerregierungen "sogar verwässert und zurückgedreht", so Hundt

(Foto: REUTERS)

Knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl macht Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt seiner Enttäuschung über die Bundesregierung Luft. "Meine Hoffnung war, dass die Koalition die Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Arbeit weiter verbessert", sagte Hundt der Zeitung Die Welt. Doch Union und FDP hätten manche vernünftige Reformen der Vorgängerregierungen "sogar verwässert und zurückgedreht".

Viele Erwartungen der Wirtschaft seien nicht erfüllt worden. Als Beispiele für verfehlte Politik nannte Hundt die Energiewende und die vom Regierungsbündnis jüngst beschlossene Abschaffung der Praxisgebühr sowie das Betreuungsgeld. "Wer den Staatshaushalt sanieren will, darf nicht neue Sozialleistungen beschließen", mahnte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Besonders enttäuscht sei er darüber, dass es immer noch keine gesetzliche Regelung zur Tarifeinheit gebe.

Der FDP warf Hundt vor, mit der Abschaffung der Praxisgebühr Klientelpolitik betrieben zu haben. "Dies dient nicht dem Gemeinwohl, sondern dem Interesse einer einzigen Berufsgruppe in unserem Land, den Ärzten." FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hatte dagegen Kritik der Wirtschaft an den jüngsten Koalitionsentscheidungen zurückgewiesen und betont, die Regierungsparteien seien nicht den Wirtschaftsverbänden verpflichtet, sondern dem Gesamtwohl des Landes.

Lobend äußerte sich Hundt zum SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. "Herr Steinbrück hat als Finanzminister der Großen Koalition zusammen mit der Bundeskanzlerin in der Finanzkrise 2008 die richtige Politik gemacht", sagte der Arbeitgeberpräsident, forderte aber zugleich: "Jetzt muss er aber die Pläne der SPD für massive Steuererhöhungen und massive Leistungsausweitungen in der Rentenversicherung korrigieren."

Auch Wirtschaftsweise kritisieren Bundesregierung

Die Wirtschaftsweisen fordern in ihrem Jahresgutachten laut einem Zeitungsbericht die Bundesregierung zu stärkeren Sparanstrengungen auf. "Da der Bund nicht dauerhaft auf Sonderfaktoren und eine günstige konjunkturelle Entwicklung bauen kann, ist deutlich mehr Ehrgeiz bei der Konsolidierung des Haushalts notwendig", zitierte das Handelsblatt aus dem Papier, das am Mittwoch vorgestellt werden soll. Vor allem würden "strukturelle Mehrausgaben wie etwa das Betreuungsgeld, die Zuschussrente oder die Abschaffung der Praxisgebühr" kritisiert.

Demnach konstatieren die Wirtschaftsweiseneinen überproportionalen Anstieg staatlicher Konsumausgaben. Auf der Ausgabenseite spielten Sonderfaktoren wie "Minderausgaben bei der Bundesagentur für Arbeit" und "verhältnismäßig geringe Rentenzugänge" eine Rolle, auf welche die Regierung aber zukünftig nicht setzen könne. Strukturelle Verwerfungen zeigten sich zudem vor allem auf der kommunalen Ebene, schrieben die Wirtschaftsweisen laut der Zeitung. "Die Kommunalaufsichten dieser Länder müssen in diesem Prozess ihrer wichtigen Rolle besser gerecht werden", heißt es demnach.

Laut Bild wollen sich die Spitzen von Union und FDP bereits in zwei Wochen wieder treffen. Die Online-Ausgabe des Blatts zitierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring mit den Worten, der nächste Koalitionsausschuss finde am Tag nach dem Treffen des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat und damit am 22. November statt. Die Koalition habe "noch einiges vor".

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