Kritik an Bewertungssystem:Haderthauer: Pflege-TÜV ist "Volksverdummung"

Pflegeheime können ihre Gesamtnote aufbessern, indem sie beispielsweise eine Fünf in der Pflege mit einer 1 für Erste-Hilfe-Kurse ausgleichen.

Der geplante Pflegeheim-TÜV wird nach Ansicht von Gesundheits- und Sozialexperten die zum Teil vorhandenen Missstände nicht beheben. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) sprach im Spiegel von einem Versuch "reiner Volksverdummung". Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte dem Nachrichtenmagazin: "Nach den Tests werden wir genauso schlau sein wie vorher."

Kritik an Bewertungssystem: Streit um den Pflege-TÜV:  Wichtiges kann mit weniger Wichtigem ausgeglichem werden.

Streit um den Pflege-TÜV: Wichtiges kann mit weniger Wichtigem ausgeglichem werden.

(Foto: Foto: dpa)

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) widersprach dieser Einschätzung. Künftig sollen im Kampf gegen Pflege-Missstände alle rund 10.000 Pflegeheime in Deutschland mit Schulnoten von "sehr gut" bis "mangelhaft" bewertet werden.

Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes der Krankenkassen (MDS) oder entsprechende Einrichtungen sollen die Pflegeeinrichtungen kontrollieren. Im Spätsommer sollen die ersten Ergebnisse im Internet veröffentlicht werden. Bis 2011 sollen alle Heime unabhängig geprüft und benotet sein.

Für jedes Bundesland sollen Pflegebedürftige dann im Internet eine Auflistung sämtlicher Heime mit je einer Gesamtnote finden. Hinzu kommen Einzelnoten für Pflegequalität und medizinische Versorgung, den Umgang mit Demenzkranken, für die Betreuung sowie für Verpflegung und Hygiene.

Mangelnde Gewichtung

Laut Spiegel stört viele Fachleute, dass selbst schlechte Heime vermutlich passabel abschneiden werden. Die Tester könnten zwar Schulnoten von Eins bis Fünf verteilen, doch ein Mangelhaft oder ein Ausreichend dürfte nach Meinung der Experten vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz nur selten herauskommen.

Zentrale Mängel könnten durch gute Leistungen in weniger wichtigen Bereichen kompensiert werden: Null Punkte für unbehandelte Druckgeschwüre könnte man etwa mit zehn Punkten für Erste-Hilfe-Kurse ausgleichen.

"Der Skandal ist, dass damit die wahren Zustände in einem Heim nicht aufgedeckt, sondern geschickt verschleiert werden", sagte die leitende Ärztin des Medizinischen Dienstes Rheinland-Pfalz, Ursula Weibler-Villalobos.

Dagegen zeigte sich der GKV-Spitzenverband überzeugt, dass es zu einer Verbesserung der Situation kommen werde. Sein Sprecher Florian Lanz teilte am Sonntag mit: "Nach Jahrzehnten der Intransparenz werden die neuen Pflegenoten künftig für Klarheit sorgen und dadurch die Pflegequalität verbessern, auch wenn heute noch vereinzelte Kritiker eifrig nach dem Haar in der Suppe suchen."

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