Kristina Schröder und der Streit um die Frauenquote:Frauenpower im Wartestand

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In Union und FDP regt sich zart, aber wahrnehmbar Widerstand gegen das ständige Nein ihrer Parteien und Fraktionen zu Frauenquoten. Sollten sich die Frauen eines Tages durchsetzen, könnte spätestens dann auch das Kapitel Kristina Schröder abgeschlossen werden. Das hat die Frauenministerin angedeutet, als sie sagte: "So lange ich Ministerin bin, wird es keine starre Quote geben."

Thorsten Denkler, Berlin

Kristina Schröders Interview am Wochenende las sich so, als würde die Frauenministerin ihr politisches Schicksal mit der Frauenquote verknüpfen. "Es ist ganz klar: So lange ich Ministerin bin, wird es keine starre Quote geben", sagte sie der Bild am Sonntag. In den Oppositionsparteien, aber auch unter den Frauen in der CDU dürfte das manche weniger als Drohung, denn als Versprechen sehen. Kommt die Quote, sind sie die erklärte Antifeministin los. Für einige Frauen wohl ein Grund mehr, für die Quote zu kämpfen.

Familienministerin Kristina Schröder (CDU): "Es ist ganz klar: So lange ich Ministerin bin, wird es keine starre Quote geben." (Foto: dpa)

Vielleicht auch deshalb prescht jetzt Grünen-Fraktionschefin Renate Künast mit dem Vorschlag vor, die Frauenquote in der Wirtschaft per Gruppenantrag im Bundestag Gesetz werden zu lassen. Hinter so einen Antrag kann sich jeder und jede Abgeordnete frei von Fraktionszwängen stellen. Mit Gruppenanträgen wurde in jüngster Vergangenheit auch schon die Debatte um die Präimplantationsdiagnostik (PID) entschieden.

Künasts Antrag ist so etwas wie eine Einladung an alle jene Frauen und Männer bei Union und FDP, die regelmäßig gegen ihre Überzeugung stimmen müssen, wenn mal wieder die Frauenquote von ihren Fraktionen abgelehnt werden soll.

Vor allem die "Gruppe der Frauen" in der Unionsfraktion unter ihrer Sprecherin Rita Pawelski wird von Künast damit unter Druck gesetzt. Etwa 40 Parlamentarierinnen haben sich der Gruppe angeschlossen. Mehrheitlich sind sie so dezidiert für eine Frauenquote in der Wirtschaft wie gegen das von der CSU geforderte Betreuungsgeld.

Pawelski wollte sich zur Idee von Künast auf Nachfrage nicht äußern. Aber das darf nicht wundern. Der Fraktionszwang gilt solange, bis die Fraktionsspitze ihn aufhebt. In der PID-Debatte hat sie das getan. Unwahrscheinlich, dass dies auch geschieht, wenn es um die Frauenquote geht.

Auch mangelnder Mut kann Pawelski und ihren Mitstreiterinnen kaum unterstellt werden. Kürzlich stimmten sie im Bundestag gegen das Betreuungsgeld und lösten damit eine mittelschwere Koalitionskrise aus.

Künast wiederum kommt mit ihrem Vorstoß ausgerechnet vor zwei wichtigen Landtagswahlen - in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein - um die Ecke. Nicht mal die ihr inhaltlich wohlgesonnenen Unionsfrauen werden umhinkommen, Künast da eine gewisse Wahlkampftaktik zu unterstellen.

So dürfte der Gruppenantrag mehr oder minder chancenlos bleiben, auch wenn manche Unionsfrauen einen Gruppenantrag nur mit der Faust in der Tasche ablehnen würden.

Und bei der FDP ist da - im Moment zumindest - ohnehin kaum etwas zu holen. Die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, Nicole Bracht-Bendt, hat schon klargestellt, dass ihre Partei wie Ministerin Schröder "auf eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft" setze.

Doch auch bei den Liberalen regt sich langsam Widerstand.

Die FDP ist nämlich derzeit nicht mal in der Lage, intern die von der Wirtschaft geforderte Selbstverpflichtung einzuhalten. Eine Quote, wie sie inzwischen alle im Bundestag vertretenen Parteien haben, hat der FDP-Parteitag in Rostock im vergangenen Mai bekanntlich mit 80 Prozent abgeschmettert - auch mit dem Verweis, dass freiwillige Selbstverpflichtungen besser seien. Von den Delegierten waren übrigens 80 Prozent Männer.

Die Männer haben sich jetzt auch auf den Wahllisten zu den Landtagswahlen schön breitgemacht. Für den Fall, dass die FDP in NRW knapp über die Fünf-Prozent-Hürde kommt, kann sich nur eine Frau sicher freuen, in den Landtag einzuziehen. Die anderen so genannten sicheren ersten zehn Listenplätze sind Männern vorbehalten. In Schleswig-Holstein sind gerade mal sieben der 27 Kandidaten auf der Landesliste Frauen.

Das bringt auch FDP-Frauen zunehmend auf die Palme. Die Partei sei an ihren eigenen Maßstäben "gescheitert", erklärt die Bundestagsabgeordnete und NRW-Landeschefin der Liberalen Frauen, Petra Müller. Die "Tatsachen widersprechen der Behauptung, die freiwillige Lösung würde funktionieren", sagt sie und fordert, die Verteilung der Listenplätze künftig "paritätisch zu gestalten".

Eine Frauenquote in der FDP also? Das wäre dann wohl eine noch größere Sensation als ein Rücktritt von Kristina Schröder wegen der Frauenquote für die Wirtschaft.

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