Krisenland Portugal:Regierungskoalition droht zu zerbrechen

Portugals Ministerpräsident Passos

Redet zur Lage der Nation: Portugals Ministerpräsident Pedro Passos Coelho

(Foto: AFP)

Wie zuvor schon Finanzminister Gaspar hat auch der portugiesische Außenminister Portas seinen Rücktritt erklärt. Ein schwerer Schlag für die Regierung, deren Mehrheit nun in Gefahr ist. Opposition und Gewerkschaften fordern Neuwahlen, doch Ministerpräsident Passos Coelho will weiterkämpfen.

Die Mitte-Rechts-Regierungskoalition im Euro-Krisenland Portugal steht nach gut zwei Jahren vor dem Aus: Nur einen Tag nach dem Rücktritt von Finanzminister Vítor Gaspar stellte auch Außenminister Paulo Portas am Dienstag in Lissabon sein Amt zur Verfügung.

Er habe Ministerpräsident Pedro Passos Coelho am Dienstag in Lissabon sein Rücktrittsgesuch überbracht, weil er mit der aktuellen Politik nicht einverstanden sei, teilte der 50-jährige konservative Politiker in einem Brief an portugiesische Medien mit.

Obwohl die linke Opposition und die Gewerkschaften nach den beiden Rücktritten ihre Forderungen nach Neuwahlen bekräftigten und trotz Rezession und Rekord-Arbeitslosigkeit, will Passos Coelho im Amt bleiben. "Ich trete nicht zurück, ich lasse mein Land nicht im Stich", erklärte der 48-Jährige am Dienstagabend mit fester Stimme in einer Rede an die Nation. "Wir haben noch viel Arbeit vor uns und wollen die Früchte ernten, die wir mit so viel Mühe gesät haben", fügte er an.

Den Rücktritt Portas', des Chefs des konservativen Koalitionspartners seiner Sozialdemokraten (PSD), wolle er nicht annehmen, betonte Passos Coelho. Ohne die Unterstützung des Demokratischen und Sozialen Zentrum (CDS) von Portas würde die Regierung ihre absolute Mehrheit im Parlament verlieren.

Wachsender Widerstand gegen den Sparkurs war ein Rücktrittsgrund

Die Rücktritte erfolgen in einer Phase, in der Portugal neue Einsparungen beschließen muss, um die Vorgaben der Geldgeber von der EU, der Europäischen Zentralbank und vom Weltwährungsfonds zu erfüllen.

In einer Mitteilung an die staatliche Nachrichtenagentur Lusa erklärte Portas, er verlasse die Regierung, weil er mit der aktuellen Politik und der Ernennung der bisherigen Staatssekretärin Maria Luís Albuquerque als Gaspar-Nachfolgerin nicht einverstanden sei. Er habe mit Gaspar "bekanntlich Differenzen gehabt". Nach dem Rücktritt des Finanzministers habe sich die Möglichkeit ergeben, "einen neuen politischen und wirtschaftlichen Weg einzuschlagen". Da dies nicht geschehen sei, müsse er seinem Gewissen folgen. Seine Rücktritts-Entscheidung sei "unwiderruflich".

Gaspar hatte am Vortag seinen Rücktritt mit dem wachsenden Widerstand gegen den Sanierungskurs auch innerhalb der Regierung begründet. Die Opposition hatte zuletzt immer häufiger Neuwahlen gefordert. Aus Protest gegen die Sparpolitik hielten die Gewerkschaften innerhalb von zwei Jahren vier Generalstreiks ab. Beim Generalstreik vergangenen Donnerstag hatten erstmals auch alle wichtigen Arbeitgeberverbände Verständnis für die Streikenden geäußert. "Die Arbeiter haben allen Grund, empört zu sein", sagte der Chef des Industrieverbandes CIP, Antonio Saraiva.

Als Gegenleistung für das 2011 gewährte 78 Milliarden Euro schwere Hilfspaket verpflichtete sich Portugal gegenüber den Geldgebern zu einem strengen Sparkurs. Die Arbeitslosenrate kletterte unterdessen auf das Rekordniveau von 18 Prozent, das ärmste Land Westeuropas steuert auf das dritte Rezessionsjahr in Folge zu.

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