Türkei:Ex-Armeechef muss sich für "sanften Putsch" verantworten

15 Jahre nach dem Militärputsch in der Türkei ist der frühere Generalstabschef festgenommen worden.

In der Türkei ist Medienberichten zufolge der frühere Generalstabschef Ismail Hakki Karadayi wegen seiner mutmaßlichen Verwicklung in den Militärputsch von 1997 festgenommen worden. Der General im Ruhestand sei am Donnerstagmorgen in Istanbul verhaftet worden und solle im Laufe des Tages vor einem Gericht in Ankara vernommen werden, berichten mehrere Fernsehsender.

Im Zuge von Ermittlungen zu dem Putsch waren im April 2012 bereits etwa 20 frühere Offiziere festgenommen worden. Unter den Inhaftierten ist auch der frühere stellvertretende Generalstabschef Cevik Bir. Er gilt als Drahtzieher des Putsches im Juni 1997. Damals hatte die Armee am Rande der Hauptstadt Ankara Panzer auffahren lassen und der islamistischen Regierung von Necmettin Erbakan ein Ultimatum gestellt. Erbakan hatte daraufhin seinen Rücktritt erklärt.

Die Intervention des Militärs wird in der Türkei als "postmoderner Putsch" bezeichnet, weil dabei kein Blut floß und das Militär nicht selbst die Macht übernahm. Die türkische Armee betrachtet sich traditionell als Garant des säkularen Charakters des Staates und stürzte 1960, 1971 und 1980 die Regierung.

Seit seinem Amtsantritt 2002 bemühte sich der islamisch-konservative Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, den Einfluss des Militärs auf die Politik zu reduzieren. Dutzende aktive oder pensionierte Offiziere wurden unter dem Verdacht festgenommen, einen Putsch gegen die Regierung zu planen.

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