Krisengespräch der FDP:Weiter so - nur schneller

Die FDP stürzt in Umfragen ab - doch die Parteispitze will ihren Kurs nicht ändern. Sie gibt die Devise aus: "Richtung beibehalten - Tempo erhöhen".

Die FDP will das Reformtempo der schwarz-gelben Koalition erhöhen. Dies vereinbarten die Spitzen von Partei und Fraktion bei einer vierstündigen Sondersitzung am Sonntagabend in Berlin. Dabei ging es um den Absturz der Partei in den Umfragen und die Dauerkritik aus der Union an zentralen Vereinbarungen des Koalitionsvertrags.

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FDP-Chef Guido Westerwelle setzt auf eine Fortsetzung des eingeschlagenen Weges.

(Foto: Foto: ddp)

Man sei "gemeinsam der Meinung, dass wir die Richtung beibehalten wollen, aber das Tempo der Reformen erhöhen müssen", sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner am Rande der Krisensitzung im Reichstagsgebäude. Man wolle "schneller als bisher geplant jetzt die weiteren Vorhaben der Koalition konkretisieren".

FDP-Chef Guido Westerwelle machte deutlich, seine Partei werde ungeachtet des Gegenwindes an ihrem Entlastungskurs festhalten. "Wir werden unsere Politik für eine Stärkung der Familien und eine Entlastung des Mittelstandes fortsetzen", unterstrich der Vizekanzler. Dies sei für die FDP ein zentrales Anliegen.

Die FDP will vor allem die weiteren Schritte bei einer Steuerstrukturreform einschließlich der damit verbundenen Sparmaßnahmen schon bald konkretisieren. Die Liberalen gehen damit auf Distanz zu dem Stillhalteabkommen in der Steuerfrage, das die drei Parteichefs der Koalition vor drei Wochen mühsam gefunden hatten.

Damals hatten Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Guido Westerwelle vereinbart, dass konkrete Zahlen über Steuerentlastungen und Sparmaßnahmen zur Gegenfinanzierung erst nach der Steuerschätzung Anfang Mai genannt werden sollen.

Der nordrhein-westfälische FDP-Landeschef Andreas Pinkwart sagte nach der Sitzung: "Wir wollen Tempo machen, damit es wieder bergauf geht mit Deutschland - das ist die Botschaft des heutigen Abends." Die Krisensitzung der FDP stand unter dem Eindruck eines massiven Vertrauensverlusts in die Partei, die bei der Bundestagswahl noch knapp 15 Prozent erreicht hatte. In Umfragen liegt sie jetzt bei acht Prozent.

Westerwelle droht Christsozialen

Mit einem verschärften Kurs der Eigenständigkeit will die FDP vor allem in Nordrhein-Westfalen die Stimmung zu ihren Gunsten wenden. Hier wird im Mai ein neuer Landtag gewählt wird. Die Partei liegt dort in Umfragen bei sechs Prozent und strebt zehn Prozent plus X an.

Verärgerung herrscht bei den Liberalen auch wegen der Dauerkritik aus der Koalition an Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und der Absetzbewegung von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) von einer deutlich längeren Nutzung der Atomkraft. Westerwelle bezeichnete diese Haltung als "absolut schweren Fehler".

Noch vor der FDP-Sitzung bahnte sich neuer Koalitionsärger in der Steuersenkungsdebatte an. Nicht nur die CSU, sondern auch CDU-Vize und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gingen auf Distanz zur FDP. Westerwelle drohte der CSU mit einer harten Reaktion, falls sie ihre Kritik nicht mäßige.

Der Bild am Sonntag hatte Lindner gesagt, er habe Ungeduld und Veränderungswillen in der Bevölkerung unterschätzt. Die Chance der FDP sei, ihre Konzepte jetzt schneller als geplant konkret zu machen.

Den Vorstoß Lindners, im April einen liberalen Entwurf für die Steuerreform vorzulegen, konterte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt mit einer Warnung vor zu viel Tempo: "Wir halten gemeinsam mit der FDP am Ziel von Steuerentlastungen fest. Umfang und Schritte müssen sich an den Möglichkeiten orientieren", sagte er der Zeitung.

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