Krise in der Ukraine:OSZE-Militärbeobachter berichtet von "ständig steigender Bedrohung"

German Defence Minister von der Leyen speaks to media next to her Czech counterpart Stropnicky and OSCE observer Schneider (C) in Berlin's Tegel airport

Verteidigungsministerin von der Leyen (2. von rechts) spricht nach der Landung der befreiten OSZE-Militärbeobachter zur Presse. Rechts neben ihr steht der tschechische Verteidungsminister Martin Stropnicky; in der Mitte der Leiter der OSZE-Beobachtermission Axel Schneider.

(Foto: REUTERS)

+++ Freigelassene OSZE-Militärbeobachter sicher in Berlin-Tegel gelandet +++ Leiter der Militärbeobachter-Mission Schneider äußert sich +++ Schwere Kämpfe mit Toten bei Kiewer Offensive in Kramatorsk und Slawjansk +++ Separatisten stürmen Geheimdienstgebäude in Donezk +++

Die Entwicklungen im Newsblog.

  • Sie waren eine Woche in der Gefangenschaft von prorussischen Separatisten in Slawjansk. Nun sind die OSZE-Militärbeobachter wieder frei, wohlauf und in Berlin gelandet.
  • Leiter der befreiten OSZE-Inspektoren Schneider berichtet von "ständig steigender Bedrohung".
  • Das ukrainische Militär setzt seine Offensive gegen prorussische Separatisten im Osten des Landes fort. Schwere Kämpfe nahe der Stadt Kramatorsk und bei Slawjansk.
  • In Donezk besetzen moskautreue Aktivisten ein Geheimdienstgebäude.
  • Nach den tödlichen Ausschreitungen in Odessa im Süden des Landes ordnet Übergangspräsident Turtschinow zweitägige Staatstrauer an.

OSZE-Militärbeobachter in Berlin gelandet: Nach einer Woche in der Gefangenschaft prorussischer Separatisten in Slawjansk sind die sieben OSZE-Militärbeobachter wieder frei und wohlbehalten in Berlin-Tegel gelandet. Dem Team gehören neben vier Deutschen auch ein Tscheche, ein Däne und ein Pole an. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) empfing die Männer zusammen mit den Verteidigungsministern aus Tschechien und Dänemark sowie Regierungsvertretern aus Polen und Schweden. Sie sei "erfüllt von großer Erleichterung", dass die Männer "unversehrt und wohlbehalten hier gelandet sind", sagte von der Leyen in einer kurzen Erklärung. Die Inspektoren waren am Morgen freigelassen worden, nachdem sich Wladimir Lukin, Sondergesandter des russischen Präsidenten Wladmir Putin, und Thorbjorn Jagland, Generalsekretär des Europarates, in die Verhandlungen eingeschaltet hatten. (Mehr zu ihrer Rolle in diesem Artikel von Cathrin Kahlweit.) Auch die fünf ukrainischen Soldaten, die die OSZE-Beobachter bei ihrer Mission begleitet hatten, waren freigekommen und wurden von der Bundeswehr nach Kiew gebracht, wo Übergangspremier Arsenij Jazenjuk sie am Flughafen in Empfang nahm.

OSZE-Beobachter im Interview: Der Leiter der befreiten OSZE-Inspektoren, der deutsche Oberst Axel Schneider, hat sich erleichtert über das Ende der Geiselnahme in der Ostukraine geäußert, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet. "Von uns fällt im Moment ein beträchtlicher Druck", sagte Schneider noch in Kiew. "Die Anspannung war enorm", berichtete er in einem vom Bundesverteidigungsministerium verbreiteten Audiomitschnitt. "Wir sind sehr froh, sehr glücklich, aber auch beträchtlich erschöpft." Schneider berichtete weiter, in den vergangenen Tagen habe es für das OSZE-Team eine "ständig steigende Bedrohung" gegeben. Nach Beginn der Offensive von Regierungseinheiten gegen die prorussischen Separatisten "kam sprichwörtlich das Feuer von Handwaffen und von Artillerie immer näher. Und wir waren hier zur Untätigkeit verurteilt". Der Zusammenhalt im OSZE-Team sei "ausgesprochen diszipliniert" gewesen. "Das hat uns durch die Tage gebracht." In einem von dem polnischen TV-Sender TVN24 ausgestrahlten Interview äußerte sich auch der polnische Major Krzysztof Kobielski, ebenfalls Mitglied der befreiten Beobachter-Mission.

Zweitägige Staatstrauer nach schwerem Brand in Odessa: Nach den blutigen Ausschreitungen und dem Brand eines Gewerkschaftshauses in Odessa mit mindestens 40 Toten hat Übergangspräsident Alexander Turtschinow eine zweitägige landesweite Trauer angeordnet. "Der 2. Mai war ein tragischer Tag für die Ukraine", sagte Turtschinow einer Mitteilung zufolge. Am Samstag und Sonntag solle auch der Sicherheitskräfte gedacht werden, die bei der "Anti-Terror-Operation" gegen prorussische Aktivisten in der Ostukraine am Vortag getötet worden waren. Derweil sind in der Hafenstadt mehr als 130 Menschen im Zusammenhang mit den Ausschreitungen festgenommen worden. Ihnen drohten Anklagen wegen Beteiligung am Aufruhr bis hin zu vorsätzlichem Mord, teilte der örtliche Polizeichef mit. Am Freitag war der Konflikt in der Ukraine auch in dem bisher vergleichsweise ruhigen Odessa eskaliert. Nach stundenlangen Straßenschlachten zwischen prorussischen Aktivisten und Anhängern der Regierung ging das Gewerkschaftsgebäude in Flammen auf. Auf Youtube hat jemand ein Video hochgeladen, das zeigt, wie Unbekannte Molotow-Cocktails auf das Gebäude werfen. Die Regierungen in Kiew und Moskau machten sich gegenseitig für die Gewalteskalation verantwortlich.

Schwere Kämpfe in Kramatorsk und Slawjansk: Die ukrainische Übergangsregierung setzt ihren "Anti-Terror-Einsatz" gegen prorussische Aktivisten im Osten des Landes fort. Die Sicherheitskräfte hätten am Morgen einen Einsatz gegen Aufständische nahe der Stadt Kramatorsk gestartet, teilte Innenminister Arsen Awakow über Facebook mit. Dabei hätten sie einen Fernsehturm unter ihre Kontrolle gebracht. Wie die dpa unter Berufung auf die Regierung in Kiew mitteilt, hätten die Regierungseinheiten nach den zweitägigen Kämpfen fast alle besetzten Verwaltungsgebäude von den Protestführern geräumt. Ein Sprecher der moskautreuen "Volksmilizen" habe das bestätigt. Bei den Zusammenstößen seien mindestens sechs Menschen umgekommen, so die dpa mit Verweis auf Regierungsaussagen. Auch im nördlich von Kramatorsk gelegenen Slawjansk wird wieder gekämpft. AFP-Reporter berichten von heftigen Gefechten, bei denen mindestens ein Mann erschossen worden sei. Nach Angaben von moskautreuen Aktivisten hätten ukrainische Soldaten 15 Menschen getötet, darunter elf Zivilisten. Das berichtet die Nachrichtenagentur Itar-Tass. Die Offensive des ukrainischen Militärs gegen prorussische Aktivisten hatte bereits am Freitag begonnen. Der russische Präsident Wladimir Putin warf der ukrainischen Regierung daraufhin vor, mit dem Einsatz gegen moskautreue Aktivisten die "letzte Hoffnung" auf die Umsetzung des Genfer Abkommens zu zerstören.

In Donezk besetzen prorussische Kräfte ein Geheimdienstgebäude: Auch in der Gebietshauptstadt Donezk kam es wieder zu Gewalt. Maskierte und mit Knüppeln bewaffnete Demonstranten nahmen am Samstagabend ein Gebäude des Geheimdienstes SBU ein. Das berichten übereinstimmend die dpa und eine Reporterin des britischen Guardian. Die Polizei habe nicht eingegriffen, hieß es. Auch in der Stadt Gorlowka erstürmten moskautreue Aktivisten ein Verwaltungsgebäude.

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