Krise der EU:Sarkozy droht mit EU-Erweiterungsstopp

Frankreichs Staatspräsident Sarkozy droht mit einem Veto gegen die Aufnahme neuer Staaten: "Ohne Lissabon-Vertrag keine Erweiterung". Die EU vertagte ihre Entscheidung zum Reformvertrag auf Oktober.

Das Nein der Iren zum Lissabon-Vertrag gefährdet weitere Beitritte zur Europäischen Union. Nach den ersten Beratungen beim EU-Gipfel in Brüssel drohte Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy mit einem Veto und sagte am frühen Freitagmorgen: "Ohne den Lissabon-Vertrag gibt es keine Erweiterung. "Zur Begründung sagte er: "Ich erinnere sie daran, dass wir Einstimmigkeit brauchen."

Sarkozy stellte klar, seine Ankündigung betreffe auch Kroatien. Dessen Beitrittsverhandlungen sind schon weit fortgeschritten, Zagreb strebt einen Beitritt bis Herbst 2009 an. Auch mit der Türkei wird über einen Beitritt verhandelt, allerdings ist Sarkozy ein erklärter Gegner einer Aufnahme der Türkei.

Der französische Staatspräsident betonte, er sei kein prinzipieller Gegner der Erweiterung: "Europa muss sich auf dem Balkan erweitern." Dennoch seien zuvor Reformen der EU nötig. Sarkozy übernimmt vom 1. Juli an für eine halbes Jahr den Vorsitz der Gipfelrunde und hat deshalb im Krisenmanagement eine Schlüsselrolle.

Durch diese Äußerungen verschärft sich die Krise der EU weiter, zumal die Regierung in Dublin den EU-Partnern keine Hoffnungen auf ein rasches Ende der Reform-Blockade machte. Der irische Außenminister Micheál Martin sagte, seine Regierung werde beim nächsten Gipfel im Herbst noch keine Lösungen vorschlagen.

Beim Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs im Oktober unter französischer EU-Ratspräsidentschaft will die irische Regierung nur eine Art Zwischenbericht nach eingehender Analyse der Gründe für das Nein vorlegen.

Die Iren hatten vergangene Woche den Vertrag von Lissabon abgelehnt. Der Vertrag kann nur in Kraft treten, wenn alle 27 Mitgliedstaaten zugestimmt haben. Bisher haben 19 Länder den Vertrag, der die EU schlagkräftiger und demokratischer machen soll, parlamentarisch gebilligt.

Keine Fristen zur Ratifizierung

Wie am Freitagmorgen bekannt wurde, verzichten die europäischen Staats- und Regierungschefs auf ein Zieldatum für die Ratifizierung des Lissabonner EU-Reformvertrags. Das geht aus dem Entwurf der Schlussfolgerungen hervor, den die Gipfelrunde am Freitag, dem zweiten Tag ihres Brüsseler Treffens, verabschieden soll. Gegen derartige Fristen hatte sich vor allem Tschechien gewandt.

Staddtdessen wollen sich die Staats- und Regierungschefs der EU im Oktober erneut mit der Frage befassen, wie es nach dem Nein der Iren zum Reformvertrag weitergehen soll. Nötig sei mehr Zeit, um die Lage zu analysieren, heißt es darin.

Der tschechische Ministerpräsident Mirek Topolánek bezweifelt nach dem irischen Nein, ob in seinem Land die Billigung des Vertrages reibungslos klappen werde. "Um ehrlich zu sein, stünde die Ratifizierung jetzt an, dann würde ich nicht mal 100 Kronen darauf wetten, dass es ein Ja gibt", sagte er. In Tschechien prüft derzeit das Verfassungsgericht, ob der Lissabon-Vertrag mit dem nationalen Grundgesetz vereinbar ist.

EU macht Weg frei für Aufhebung der Sanktionen gegen Kuba

Die EU-Staaten machten zugleich den Weg für eine Aufhebung der Sanktionen gegen Kuba frei. Nach Angaben von EU-Diplomaten einigten sich die Außenminister der 27 Mitgliedstaaten darauf, die seit 2005 ausgesetzten Sanktionen endgültig aufzuheben. Der formelle Ratsbeschluss dazu wird allerdings zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Die Situation in Kuba soll in einem Jahr noch einmal überprüft werden.

Die EU hatte die Sanktionen gegen Kuba 2003 nach einer Verhaftungswelle gegen Dissidenten verhängt, sie jedoch zwei Jahre später wieder ausgesetzt. Sie bestanden in einer Einschränkung von bilateralen Treffen mit ranghohen kubanischen Regierungsvertretern sowie in Einladungen an Dissidenten durch die Botschaften der EU-Staaten an Nationalfeiertagen. Spanien hatte seine Beziehungen zu Kuba im April 2007 normalisiert und seit längerem auf die Aufhebung der Sanktionen gedrungen. Zuletzt hatte sich noch Tschechien dagegen gesperrt und verlangt, die EU solle in der Frage der Menschenrechte weiterhin Druck auf die Regierung in Havanna ausüben.

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