Kriminalität:Wie der Ku-Klux-Klan

Die grassierende Hysterie führt auch zu Akten der Selbstjustiz.

Von Joachim Käppner

Wie aus der Zeit des Ku-Klux-Klan wirkt dieser Fall von Lynchjustiz: Offenbar hat eine Fernsehsendung dazu geführt, dass Männer in Bremen eine Wohnung stürmten und den Bewohner lebensgefährlich verletzten. Sie glaubten, nach Auskunft der Polizei fälschlich, ihn als Kindesmissbraucher erkannt zu haben.

Für solche Gewalttaten gibt es keine Rechtfertigung. Ein Rechtsstaat hat das Gewaltmonopol und muss, wenn Leute aus welchen Motiven auch immer zur Lynchjustiz schreiten, unnachsichtig durchgreifen. Auch wenn das Phänomen so neu nicht ist: Was hier den dünnen Firnis der Zivilisation durchbricht, sind wohl auch Hass und Hysterisierung, womöglich zumindest begünstigt durch eine aus dem Ruder laufende Debatte über Kriminalität.

Dazu haben viele beigetragen, sensationsheischende Medien, gewiss, auch die Unheilrufer in ihren digitalen Filterblasen. Und nicht zuletzt jene Politiker, die Angst und Unsicherheit schüren, um sich selbst als einzige Garanten der Sicherheit zu empfehlen. Natürlich gibt es schreckliche Verbrechen wie den Fall Susanna. Aber die allgemeine Verunsicherung entspricht einem Zerrbild der Realität - in einem der sichersten Staaten Europas. Es ist etwas zerbrochen in diesem Land.

© SZ vom 15.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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