Krieg in Syrien:Russland stellt Giftgasangriff in Frage

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  • Der russische UN-Botschafter bezweifelt im Sicherheitsrat, dass es in Syrien einen Giftgasangriff gegeben hat.
  • Die USA warnt er vor einem militärischen Eingreifen und wirft dem Westen Versagen vor.
  • Die US-Botschafterin bezeichnet die Verantwortlichen für den Angriff als "Monster" und kündigt eine Reaktion der USA an.

Russland stellt die Echtheit eines mutmaßlichen Giftgasangriffs in Syrien, bei dem Aktivisten zufolge mehr als 150 Menschen getötet und etwa 1000 verletzt wurden, in Frage. Russische Ermittler hätten keine Belege für einen solchen Angriff gefunden, sagt Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja in einer Sitzung des Weltsicherheitsrats. Rebellen hätten den Angriff lediglich inszeniert.

Die Berichte aus der von Rebellen kontrollierten Stadt Duma in Ost-Ghouta über einen Angriff seien "fake news". Nicht ein einziger Bewohner habe bestätigt, dass ein Chemiewaffenangriff stattgefunden habe. Experten der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) sollten umgehend in die Region reisen, um sich ein eigenes Bild von der Lage vor Ort zu machen, sagt Nebensja. Die russischen und syrischen Truppen würden ihnen Zugang zu der Region ermöglichen.

Russland warnt den Westen vor einer militärischen Reaktion. Bewaffnete Angriffe "unter dem lügnerischen Vorwand, sich gegen Syrien zu richten", würden "schwere Folgen" haben, sagte der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen.

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Vieles spricht dafür, dass erneut Israel den größten syrischen Militärflugplatz beschossen hat. Der Angriff ist dabei nicht die Reaktion auf die Chemie-Attacke in Duma - er galt offenbar iranischen Revolutionsgarden und der Hisbollah.

Von Paul-Anton Krüger

"Wir fordern den Westen auf, seine kriegerische Rhetorik zu unterlassen", fügte Nebensja hinzu. Moskau habe Washington gewarnt, dass es keine Gefährdung russischer Soldaten auf syrischem Boden dulden werde. Die US-Botschafterin bei den UN, Nikki Haley, wiederholte in der Sicherheitsratssitzung die Drohung ihrer Regierung mit einer militärischen Reaktion. "Wir haben den Punkt erreicht, an dem die Welt sehen muss, dass in Syrien der Gerechtigkeit Genüge getan wird", sagte sie.

US-Botschafterin: Russland hat "Blut an seinen Händen"

Haley wirft Russland vor, nach dem Vorfall "Blut an den Händen" zu haben. Unabhängig von der Reaktion der Weltgemeinschaft würden die USA handeln, kündigte sie an. Zugleich warnte sie davor, dass der Einsatz von Chemiewaffen zur Normalität werden könnte. "Das große Böse der Chemiewaffen, das die Welt einst in Opposition vereinte, steht kurz davor, zur neuen Normalität zu werden." Der Sicherheitsrat müsse nun "seine Pflicht erfüllen oder sein völliges und komplettes Versagen dabei demonstrieren, das syrische Volk zu schützen."

Die für den mutmaßlichen Giftgasangriff Verantwortlichen bezeichnete Haley als "Monster". "Wer tut so etwas? Nur ein Monster tut so etwas. Nur ein Monster greift Zivilisten an und stellt sicher, dass keine Rettungswagen vor Ort sind, um deren Verletzungen zu behandeln." Die USA machen die Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad für den Angriff verantwortlich. Russland weist das zurück.

Der UN-Sonderbeauftragte Staffan de Mistura forderte eine rasche und unabhängige Aufklärung des mutmaßlichen Angriffs. Giftgasangriffe seien "extrem besorgniserregend" und stellten einen Bruch internationalen Rechts dar. "Wir sehen keine Deeskalation, wir sehen das Gegenteil", sagte De Mistura, und forderte den Rat zum raschen Handeln auf.

UN-Botschafter: USA und Verbündete haben versagt

Nebensja hatte die USA vor Haleys Rede als unbeliebten Staat bezeichnet. "Sie irren, wenn Sie glauben, dass Sie Freunde haben", sagte Nebensja in Richtung Haley. "Ihre angeblichen Freunde sind nur diejenigen, die nicht Nein zu Ihnen sagen können. Russland hat Freunde, und anders als Sie haben wir keine Gegner. Wir sehen die Welt nicht durch dieses Prisma."

Den USA und deren Verbündeten Frankreich und Großbritannien wirft Nebensja Versagen im Nahen Osten vor. "Was auch immer Sie anfassen, Sie hinterlassen nur Chaos", sagte Nebensja. Den Regierungen in Washington, Paris und London warf er "Beleidigungen, Erpressung, Sanktionen und flegelhaftes Verhalten" vor. Russland werde auf unentschuldbare Weise und noch stärker als zu Zeiten des Kalten Krieges bedroht. Die Berichte über den mutmaßlichen Giftgasangriff seien der Versuch des Westens, vom Fall des vergifteten russischen Doppelagenten Sergej Skripal abzulenken.

Der UN-Sicherheitsrat beriet am Montag auf Antrag der USA, Frankreichs, Großbritanniens und sechs weiterer Länder über den mutmaßlichen Chemiewaffenangriff in Duma. Bei Angriffen der syrischen Regierungstruppen auf die Rebellenhochburg nahe Damaskus wurde am Samstagabend angeblich Chlorgas eingesetzt.

Das Weiße Haus beschuldigt Moskau und Teheran erneut, für "diese Taten" mit verantwortlich zu sein. "Sie wären nicht möglich ohne ihre materielle Unterstützung", sagte Pressesprecherin Sarah Huckabee Sanders. Die syrische Regierung sowie ihre Verbündeten Russland und Iran haben den Einsatz chemischer Waffen abgestritten.

© SZ.de/AFP/dpa/bix/wib - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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