Krieg in Syrien:Maas: Giftgaseinsatz in Syrien muss Folgen haben

  • Noch ist unklar, ob und wann es nach dem mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz im syrischen Duma zu einem amerikanischen Militärschlag gegen Syrien kommt.
  • Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Graf Lambsdorff kritisiert allerdings das pauschale Nein von Kanzlerin Merkel zu einer Beteiligung Deutschlands.
  • Außenminister Maas betont, dass der Giftgaseinsatz Folgen haben müsse.

Bundesaußenminister Heiko Maas plädiert nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien dafür, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. "Ich bin der Meinung, dass das, was dort geschehen ist, nicht ohne Konsequenzen bleiben kann", sagte Maas am Freitag bei einem Treffen mit seinem belgischen Kollegen Didier Reynders.

Die enge Abstimmung von Frankreich, Großbritannien und den USA sei ein Hinweis darauf, dass man mit der Situation verantwortungsvoll umgehe und keine Eskalationsspirale in Gang setzten wolle. "Es ist wichtig, dass die westliche Staatengemeinschaft geschlossen auftritt und den Druck auf Russland erhöht." Nur mit Russland könne der Konflikt gelöst werden.

Die Nato-Verbündeten USA, Frankreich und Großbritannien erwägen einen militärischen Vergeltungsschlag gegen Syrien für den mutmaßlichen Giftgas-Einsatz in der Stadt Duma. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine Beteiligung der Bundeswehr allerdings klar ausgeschlossen.

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff hat sie dafür kritisiert. "Ich finde es bedauerlich, dass die Bundeskanzlerin in ihrer Äußerung sofort jede Unterstützung an dieser Stelle ausgeschlossen hat", sagte der Außenpolitiker im Bundestag. "Sollten unsere Partner Unterstützung brauchen und eventuell anfordern, dann sollte das zumindest nicht von vorneherein ausgeschlossen sein."

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) bezeichnete die Konfrontation der Großmächte USA und Russland im Nahen Osten als "besorgniserregend". "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht wieder in einem Kalten Krieg mit immer neuen Brandherden landen", sagte Kauder der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die EU müsse sich in der Weltpolitik mehr engagieren. Sie sei derzeit "viel zu wenig präsent", sagte Kauder.

Gregor Gysi, Präsident der Europäischen Linken, sieht keine Rechtfertigung für einen Militärschlag gegen Syrien. Indem man ohne eine Untersuchung des mutmaßlichen Giftgasangriffs Syriens Machthaber Baschar al-Assad und Russland die Schuld gebe, werde "einfach ein Vorurteil gepflegt, und das soll man dann glauben", sagte Gysi in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hingegen sagte, er habe den Beweis dafür, dass Chemiewaffen eingesetzt worden seien - und das von der syrischen Regierung.

Auf die Frage, ob die Bundesregierung diese Beweise kenne, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert, es gebe "schwere Indizien", die auf einen Chemiewaffen-Einsatz der syrischen Regierung hindeuten.

Russland hingegen behauptet nun, es könne nachweisen, dass der Angriff mit Hilfe eines ausländischen Geheimdienstes inszeniert wurde. "Wir haben unwiderlegbare Beweise dafür, dass dies ein weiterer inszenierter Vorfall war", sagte Außenminister Sergej Lawrow am Freitag. Der Geheimdienst eines "bestimmten Staates, der jetzt an vorderster Front einer antirussischen Kampagne" stehe, sei in die Inszenierung verwickelt.

Moskau setze weiter auf die Kommunikation mit Washington zur Vorbeugung militärischer Vorfälle. "Die Militärs sind über die verbleibenden Kanäle, die noch nicht eingefroren sind, in Verbindung", sagte Lawrow. Die Leitung werde regelmäßig genutzt. Dies hatte zuvor auch der Kremlsprecher Dmitri Peskow bestätigt. Auch Präsident Wladimir Putin und sein US-Kollege Donald Trump hätten erst vor Kurzem telefoniert. "Wir sind immer offen für derartige Kontakte, sie sorgen dafür, dass man sich gegenseitig besser versteht", sagte Lawrow der Agentur Interfax zufolge.

Downing Street: Chemiewaffeneinsatz "nicht unbeantwortet" lassen

Ein Militäreinsatz gegen Syrien ist trotz anhaltender Drohungen offensichtlich noch nicht beschlossen. Trumps Sprecherin Sarah Huckabee Sanders erklärte: "Wir werten weiter Geheimdiensterkentnisse aus und sind in engen Abstimmungen mit unseren Partnern und Alliierten." Trump telefonierte noch in der Nacht zum Freitag mit der britischen Premierministerin Theresa May. In einer Mitteilung der Downing Street hieß es, Trump und May seien sich einig, dass der Einsatz von Chemiewaffen durch das syrische Militär "nicht unbeantwortet" bleiben könne und dass ein weiterer Einsatz von Chemiewaffen durch das Assad-Regime verhindert werden müsse. Was genau damit gemeint ist, blieb offen.

Der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum, rechnet fest mit einem Militärschlag Trumps. "Nach der massiven Warnung wird Trump nicht mehr hinter seine Drohungen zurückkönnen", sagte Kornblum den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Jetzt gar nichts zu machen, käme einem Gesichtsverlust gleich. Ich gehe davon aus, dass es eine US-Militäraktion in der einen oder anderen Form geben wird."

Bei einem am Samstag gemeldeten Giftgasangriff auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Duma in Ost-Ghouta sollen nach unterschiedlichen Angaben zwischen 42 und 85 Menschen getötet worden sein. Ermittler der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) sind auf dem Weg nach Syrien. Sie sollen dort am Samstag mit Untersuchungen beginnen.

Als Option für eine Reaktion gelten gezielte Raketenangriffe auf ein Objekt oder mehrere ausgewählte Ziele. Sehr heikel daran wäre, dass in Syrien stationierte russische Truppen getroffen werden könnten. Syriens Schutzmacht Russland weist die Vorwürfe gegen Damaskus zurück.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: