Luxemburg:EU in "tiefer Sorge" wegen russischer Bomben auf Syrien

Luxemburg: Ein russischer Kampfjet wirft eine Bombe über Syrien ab. Das Bild stammt von der Homepage des russischen Verteidigungsministeriums.

Ein russischer Kampfjet wirft eine Bombe über Syrien ab. Das Bild stammt von der Homepage des russischen Verteidigungsministeriums.

(Foto: AP)
  • Die Europäische Union fordert von Russland ein sofortiges Ende der Luftschläge gegen die moderate Opposition in Syrien.
  • Die EU-Außenminister diskutieren außerdem darüber, ob man Diktator al-Assad in den Übergangsprozess miteinbeziehen soll.
  • Die kurdischen Volksverteidigungseinheiten verkünden eine militärische Allianz mit mehreren christlichen und arabischen Rebellengruppen gegen den IS.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Die Europäische Union ringt um eine gemeinsame Antwort auf das militärische Eingreifen Russlands in den syrischen Bürgerkrieg. Angriffe Russlands, die sich nicht gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und andere von den Vereinten Nationen als Terrororganisation eingestuften Gruppen richteten, seien Anlass zu "tiefer Sorge" und müssten aufhören, forderten die EU-Außenminister am Montag bei einem Treffen in Luxemburg. Durch das russische Eingreifen sei eine neue Lage entstanden, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini.

"Die Bemühungen um eine politische Lösung sind noch schwieriger, noch komplexer geworden", kritisierte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Nun komme es "darauf an, dass der Weg zu einem politischen Prozess, auch zu einer Übergangsregierung, durch das Eingreifen Russlands nicht verhindert wird", forderte er. Die Außenminister bekannten sich in ihrer Abschlusserklärung zur Arbeit an einem "inklusiven politischen Übergangsprozess" in Syrien einerseits und zum Kampf gegen den IS andererseits.

"Zum heutigen Tag ist Assad definitiv relevant"

Der "inklusive" Prozess soll auch den von Russland militärisch unterstützten Diktator Baschar al-Assad einschließen, deutlich wurden aber Meinungsunterschiede über die künftige Strategie gegenüber Assad. "Die jetzige Situation muss, wenn nötig, unter Beteiligung der jetzigen Führung gelöst werden, aber die Zukunft Syriens ist in jeder der möglichen Varianten eine Zukunft ohne Assad", sagte der polnische Außenminister Grzegorz Schetyna.

"Wir verlieren zu viel Zeit, indem wir über Assads Zukunft diskutieren", kritisierte hingegen sein slowakischer Kollege Miroslav Lajčák.

"Wir sollten eher die Situation in der Gegenwart lösen. Jetzt ist Assad eine Realität, er ist ein Faktor", sagte Lajčák. Die EU könne keine "Strategie auf Wunschdenken aufbauen". Es gehe nicht darum, "wen wir mögen oder wen wir nicht mögen. Es geht darum, wer relevant ist und wer nicht. Und zum heutigen Tag ist Assad definitiv relevant."

250 000 Tote

Die Außenbeauftragte Mogherini verwies auf die von der EU unterstützten Bemühungen des UN-Sondergesandten Staffan de Mistura. Dieser bemühe sich um einen Prozess "mit allen relevanten Akteuren am Tisch". In ihrer Erklärung bezeichneten die Außenminister den Krieg in Syrien als "derzeit größte humanitäre Katastrophe der Welt, die in der jüngeren Geschichte keine Parallele kennt".

250 000 Menschen seien ums Leben gekommen, 7,6 Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht. Weitere vier Millionen suchten Zuflucht in Nachbarländern oder weiter entfernten Staaten. Angesichts der sich immer weiter verschärfenden Krise sei eine Lösung "dringend". Die EU-Staaten stehen wegen des Flüchtlingsstroms nach Europa unter enormem Druck.

Neue Allianz gegen den IS

Russland riefen die Außenminister auf, "seine Bemühungen auf das gemeinsame Ziel einer politischen Lösung des Konflikts" zu konzentrieren. Moskau solle auf das syrische Regime einwirken, um es zur Mäßigung bei der Anwendung von Gewalt und "vertrauensbildenden Maßnahmen" zu bewegen. Sie verwiesen überdies auf vier Milliarden Euro von der EU bereits geleisteter Hilfe. Diese Mittel würden noch weiter aufgestockt.

Die im Norden Syriens gegen den IS kämpfenden kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) verkündeten eine militärische Allianz mit mehreren christlichen und arabischen Rebellengruppen. Wie die Volksverteidigungseinheiten am Montag mitteilten, gehört dazu unter anderem die mehrheitlich arabische Gruppierung Burkan al-Furat.

Wegen der "raschen Entwicklungen" im politischen und militärischen Bereich sei eine "geeinte nationale militärische Kraft" erforderlich, hieß es zur Begründung. Die neue Allianz trägt den Namen Syrische Demokratische Kräfte.

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