Krieg in Syrien:Erdoğan will Afrin belagern lassen

Syrische Kurden werfen Russlands Präsident Putin vor, er habe mit der Türkei ein Abkommen geschlossen.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat angekündigt, in den kommenden Tagen die Stadt Afrin belagern zu wollen. Sie liegt im gleichnamigen kurdischen Kanton im Norden Syriens, bisher kontrollieren kurdische YPG-Milizen das Gebiet. Die türkische Regierung hält sie für Terroristen. In einer Rede vor seiner Partei in Ankara sagte Erdoğan, mit der Belagerung solle Hilfe von außen abgeschnitten werden. "Die Terrororganisation wird nicht mehr die Möglichkeit haben, mit jemandem einen Handel einzugehen", erklärte er. Gemeint waren Appelle der Kurden, die syrische Armee solle die Grenze in Afrin vor türkischen Truppen schützen.

Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu hatte am Montag gedroht, die Türkei werde auch syrische Regierungseinheiten bekämpfen, wenn diese die YPG unterstützten. Laut der amtlichen Nachrichtenagentur Sana bombardierte die Türkei am Dienstag das Gebiet; von türkischer Seite hieß es, der Beschuss habe den Konvoi kurz vor dem Ziel gestoppt. Das syrische Staatsfernsehen zeigte Bilder eines Konvois mit Panzern und Pritschenwagen mit aufmontierten Geschützen, der am Abend offenbar Afrin-Stadt erreichte. Dabei handelte es sich offenbar um regimetreue Milizen, nicht um reguläre Einheiten der Armee. Erdoğan hatte am 20. Januar eine Offensive gegen den Kanton Afrin begonnen, der von den anderen Kurdengebieten in Syrien geografisch isoliert ist. Offizielles Ziel ist es, eine 30 Kilometer tiefe Schutzzone entlang der Grenze auf syrischem Gebiet zu errichten. Die Kurden in Afrin hatten das Regime von Präsident Baschar al-Assad um Hilfe gebeten, obwohl sie in anderen Landesteilen mit den USA zusammenarbeiten. Das US-Militär hat angekündigt, seine Verbündeten östlich der Stadt Manbidsch verteidigen zu wollen; Afrin liege aber außerhalb ihres Operationsgebiets. Die Kurden warfen Moskau vor, die Regierung in Damaskus daran zu hindern, die Armee zu ihrer Unterstützung nach Afrin zu schicken. Die Verhandlungen liefen seit einer Woche, sagte Sulaiman Dschafar, Mitglied im Lokalrat von Afrin, der Deutschen Presse-Agentur. "Wir haben die zuverlässige Information, dass Russland der Türkei grünes Licht gegeben hat, alles in Afrin zu zerstören", sagte er.

Erdoğan hatte am Montag mit Präsident Wladimir Putin telefoniert; das habe die Verlegung syrischer Truppen nach Afrin gestoppt, sagte er am Dienstag. Russland hatte vor Beginn der türkischen Offensive Militärpolizisten aus Afrin abgezogen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow warnte, Probleme mit den Kurden dürften nicht zum Zerfall Syriens führen. Er forderte die Türkei auf, den Streit um Afrin in direkten Gesprächen mit der Regierung in Damaskus beizulegen. Das aber käme einer Anerkennung Assads durch Erdoğan gleich; dieser hatte Syriens Präsidenten jüngst noch als "Mörder" bezeichnet, der nicht an der Macht bleiben dürfe. Russland, Iran und die Türkei stimmen zwar ihr Vorgehen in Syrien ab. Im April wollen sich die drei Präsidenten in Istanbul treffen. Was Assads Zukunft anbelangt, sind sie sich aber uneins.

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