Bürgerkrieg in Syrien:Assad-Gegner überrennen mehrere Grenzposten

Nächste Eskalationsstufe in Syrien: Aufständische erobern Stützpunkte an den Grenzen zu Irak und der Türkei, Assads Truppen attackieren Hochburgen der Rebellen, Damaskus gleicht einer Geisterstadt. In New York arbeiten Diplomaten an neuen UN-Resolutionsentwürfen, aus Washington dringen harsche Töne in Richtung Peking und Moskau.

In Syrien eskaliert nach dem tödlichen Anschlag auf Vertraute des Präsidenten Baschar al-Assad der Bürgerkrieg. Regimegegner überrannten nach Angaben der Opposition drei Grenzposten. Die Muslimbruderschaft teilte mit, "Revolutionäre" hätten zwei Grenzübergänge zur Türkei unter ihre Kontrolle gebracht sowie einen Übergang an der Grenze zum Irak.

Der Nachrichtensender al-Arabija berichtete, die Rebellen hätten den syrisch-irakischen Grenzübergang bei Al-Bukamal gestürmt, der in der Provinz Deir as-Saur liegt. Der Sender zeigte Kämpfer, die am Grenzübergang Bab al-Haua zur Türkei Bilder von Präsident Baschar al-Assad und seinem Vater Hafis von den Wänden rissen. Nach türkischen Angaben gab es Kämpfe an der Grenze.

Bei Gefechten um einen Außenposten im Sindschar-Gebirge seien 21 syrische Soldaten getötet worden, erklärte der irakische Brigadegeneral Kassim al Dulaimi. Zuvor hätten die Rebellen bereits den Grenzübergang nahe der irakischen Ortschaft Kaim in ihre Gewalt gebracht und die syrischen Grenzsoldaten weggeschickt.

Die beiden größeren Grenzübergänge in al Walid und in Rabija befinden sich nach Angaben der irakischen Behörden aber weiterhin in der Hand der syrischen Regierungstruppen.

Aktivisten berichteten zuvor von heftigen Attacken der Regierungstruppen in vielen Landesteilen. Im Großraum Damaskus seien auch Kampfhubschrauber eingesetzt worden. Die Hauptstadt glich nach Angaben von Bewohnern einer Geisterstadt.

Regierungstruppen griffen Hochburgen der Regimegegner im Großraum Damaskus an. Aktivisten berichteten, Kampfhubschrauber hätten die Viertel Sajjida Seinab und Al-Hadschar al-Aswad mit Maschinengewehren und Raketen attackiert. Bewohner der nördlichen Viertel, die von den Kämpfen weitgehend verschont blieben, berichteten, die Hauptstadt gleiche einer Geisterstadt. Fast alle Geschäfte seien geschlossen.

Auch die Ortschaft Samalka im Umland von Damaskus geriet unter heftigen Beschuss. Weitere Kämpfe, bei denen auch die Luftwaffe eingesetzt wurde, meldeten Aktivisten unter anderem aus der Provinz Homs.

Neue Resolutionsentwürfe

Nach der neuerlichen Ablehnung einer Resolution zu Syrien durch Russland und China im UN-Sicherheitsrat gehen die diplomatischen Bemühungen bei den Vereinten Nationen weiter. Dem Gremium lagen am Freitag zwei Anträge auf eine Verlängerung der UN-Beobachtermission in dem Land um bis zu 90 Tage vor.

Ein Antrag Großbritanniens sieht vor, die Beobachtermission in Syrien um 30 Tage zu verlängern, um einen geordneten Abzug zu ermöglichen. Ein zweiter Vorschlag Pakistans empfiehlt eine Verlängerung um 45 Tage.

Das UN-Mandat für die 300 unbewaffneten Beobachter läuft an diesem Freitag aus. Damit müsste der Chef der Mission, der norwegische General Robert Mood, Syrien im Tagesverlauf verlassen. Die UN entsandten ihren obersten Militärberater, den senegalesischen General Babacar Gaye, nach Damaskus.

Eine Abstimmung über die beiden Entwürfe ist für diesen Freitag zehn Uhr (16 Uhr deutscher Zeit) vorgesehen.

"Auf der falschen Seite der Geschichte"

Die US-Regierung verurteilte das russische und chinesische Veto gegen die UN-Resolution zu Syrien als "bedauernswert" und "beklagenswert". Russland und China stünden "auf der falschen Seite der Geschichte", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney. Es sei absurd, angesichts der Brutalität des Assad-Regimes unbewaffnete UN-Beobachter zu entsenden, wenn dem Regime im Fall von Fehlverhalten keine Konsequenzen drohten. "Es muss Konsequenzen geben", sagte Carney.

Angesichts der Gewalt in Syrien sprach sich das US-Repräsentantenhaus mit großer Mehrheit für den Stopp von Waffengeschäften der USA mit Russland aus.

In Syrien sind einer oppositionellen Menschrechtsgruppe zufolge am Donnerstag etwa 300 Menschen getötet worden. Das sei die höchste Anzahl an Opfern an einem einzelnen Tag seit Beginn des Aufstandes gegen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad vor 16 Monaten, erklärte die Beobachtungsgruppe für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien.

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