Krieg in Libyen:USA für Waffenlieferungen an Rebellen

Dissens in der Anti-Gaddafi-Koalition: US-Präsident Obama und Frankreich nennen es eine "Option", die Aufständischen in Libyen mit Waffen auszurüsten, andere Europäer wiegeln ab. Die Rebellen gründen derweil einen eigenen Fernsehsender - fernab der Heimat.

Die mögliche Bewaffnung libyscher Rebellen sorgt für Unruhe in der Militärallianz gegen das Regime des Diktators Muammar al-Gaddafi. Die Nato lehnt es ab, die Aufständischen mit Waffen zu versorgen. Ein solcher Schritt wäre nach Auffassung von Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen nicht von der UN-Resolution 1973 gedeckt. "Unsere Aufgabe ist es, Menschen zu schützen, nicht, sie zu bewaffnen", sagte Rasmussen dem britischen Sender Sky News nach der Internationalen Libyen-Konferenz in London.

Ähnlich scheint das die britische Regierung zu sehen: "Diese Frage wurde auf der Konferenz nicht aufgeworfen und sie stand auch nicht auf der Tagesordnung", sagte der britische Außenminister William Hague. Libyen unterliege einem Waffenembargo der UN und dies gelte nach britischer Auffassung auch für die Aufständischen, erklärte Hague. Denselben Standpunkt vertrat die spanische Außenministerin Trinidad Jimenez. Das geltende Embargo erstrecke sich auf alle an den Kämpfen Beteiligten, sagte Jimenez. Für eine Bewaffnung der Aufständischen sei ihrer Auffassung nach eine neue UN-Resolution nötig. USA und Frankreich sehen die Causa anders.

Präsident Barack Obama erklärte inzwischen, er halte die Lieferung von Waffen an libysche Rebellen für möglich. Er schließe diese Option nicht aus, sagte Obama dem Sender NBC News. Derzeit würden alle Möglichkeiten zur Unterstützung des libyschen Volkes geprüft, um einen Übergang zu einem friedlicheren und stabileren Libyen zu ermöglichen. Ziel des Militäreinsatzes und der Sanktionen sei es, Machthaber Gaddafi zum Rücktritt zu bewegen. Dessen Position sei bereits deutlich geschwächt, fügte er hinzu. "Unsere Erwartung ist, dass Gaddafi letzten Endes abtreten wird, wenn wir konstanten Druck anwenden", sagte Obama dem Fernsehsender NBC.

US-Außenministerin Hillary Clinton äußerte sich ähnlich zum Thema Waffenlieferungen. Sie hatte zum Abschluss der Londoner Libyen-Konferenz gesagt, nach US-Interpretation sei die Bewaffnung der libyschen Anti-Gaddafi-Rebellen möglich. Die Resolution 1973 erweitere in diesem Punkt die Resolution 1970. Auch Clintons französischer Amtskollege Alain Juppe brachte am Rande der Konferenz mögliche Waffenlieferungen ins Gespräch.

Vertreter des libyschen Nationalen Übergangsrates hatten am Rande der Konferenz in London politische aber auch militärische Hilfe von der internationalen Gemeinschaft verlangt. Mit dem bisher zur Verfügung stehenden Arsenal seien die Gaddafi-Truppen nicht zu schlagen.

Eine Allianz vor allem westlicher Staaten bombardiert seit gut einer Woche Ziele in Libyen, um nach eigener Darstellung die Zivilbevölkerung zu schützen und eine Flugverbotszone durchzusetzen. An diesem Mittwoch übernimmt die Nato offiziell die Führung des Einsatzes. In Libyen toben seit Wochen Kämpfe zwischen Gaddafis Truppen und Oppositionellen.

Belgische Kampfflugzeuge haben in Libyen mehrere Militäranlagen des Regimes bombardiert. Die vier Flugzeuge vom Typ F-16 setzten laser- und satellitengelenkte Präzisionsmunition ein, wie das belgische Verteidigungsministerium mitteilte. Der Einsatz sei ein Erfolg gewesen. Nähere Informationen zu den Bombenangriffen gab es zunächst nicht. Belgien unterstützt den Libyen-Einsatz mit insgesamt sechs F-16. Die Kampfjets operieren vom griechischen Araxos aus. Zudem beteiligt sich das Königreich mit einem Minenjagdboot an dem internationalen Militäreinsatz.

Nicaragua vertritt Gaddafi-Regime bei den Vereinten Nationen

In der von Gaddafi kontrollierten libyschen Hauptstadt Tripolis wird als Folge der UN-Sanktionen langsam das Benzin knapp. Einwohner der Hauptstadt berichteten am Dienstagabend, die Warteschlangen vor den Tankstellen würden immer länger, weil diese nur noch sporadisch mit Benzin beliefert würden. "Wer tanken will, muss sich anstellen und etwa drei Stunden warten, bis er dran ist", sagte einer der Wartenden an einer Tankstelle.

Die libysche Opposition richtete derweil in der katarischen Hauptstadt Doha einen eigenen Fernsehsender ein und will so über den Konflikt im eigenen Land berichten. Libya TV arbeitet nach Angaben seiner Initiatoren eng mit dem oppositionellen Nationalen Übergangsrat in Libyen zusammen und soll in Kürze erstmals auf Sendung gehen. Der Sender werde von einer "Gruppe professionell arbeitender Libyer aus der ganzen Welt und anderer arabischer Experten" geführt, hieß es in der Erklärung der Initiatoren.

Der frühere nicaraguanische Außenminister Miguel D'Escoto vertritt künftig die Interessen des libyschen Machthabers Gaddafi bei den Vereinten Nationen. D'Escoto sei "autorisiert", im Namen Libyens bei den UN zu sprechen, teilte die Regierung von Nicaragua mit. Der bisherige UN-Botschafter Libyens, Mohammed Schalgham, hatte sich angesichts der Gewalt gegen die Protestbewegung von Gaddafi losgesagt. Nicaragua hatte sich während des internationalen Militäreinsatzes hinter Gaddafi gestellt.

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