Krieg gegen Gaddafi - Unruhen in der arabischen Welt:Ägypten: Ausreiseverbot für Mubarak

Mubarak und seine Familie sitzen in Ägypten fest: Der ehemalige Präsident darf sein Heimatland nicht verlassen. In Libyen geht derweil der Vormarsch der Aufständischen erstaunlich schnell voran - auch dank Unterstützung der Militärallianz. In Syrien sollen Sicherheitskräfte Warnschüsse gegen Demonstranten abgegeben haben.

Der ehemalige ägyptische Präsident Hosni Mubarak und dessen Familie dürfen Ägpyten nicht verlassen. Das teilte die Militärregierung in Kairo mit. Sie dementierte zugleich Berichte, wonach Mubarak nach Saudi-Arabien ausgereist sei.

Krieg gegen Gaddafi - Unruhen in der arabischen Welt: Libysche Rebellen haben die Stadt Ras Lanuf zurückerobert. Ihr nächstes Ziel: Sirte, die Heimatstadt Gaddafis.

Libysche Rebellen haben die Stadt Ras Lanuf zurückerobert. Ihr nächstes Ziel: Sirte, die Heimatstadt Gaddafis.

(Foto: AFP)

Das Militär übernahm nach dem Sturz des Präsidenten Hosni Mubarak vorübergehend die Macht in dem Land. An diesem Montag kündigte der Rat an, dass in Ägypten im September ein neues Parlament gewählt werden solle. Die Militärregierung will nach eigener Aussage vor der für September geplanten Wahl die umstrittenen Notstandsgesetze aufheben.

Bei einer Volksabstimmung über Änderungen an der Verfassung am 19. März hatten 77 Prozent der Wähler mit Ja gestimmt. Dabei ging es unter anderem darum, demokratische Wahlen eines Staatsoberhaupts und eines Parlaments zu ermöglichen und die Voraussetzungen zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung zu schaffen. Zudem soll das Mandat des Präsidenten auf zwei Amtszeiten von jeweils maximal vier Jahren beschränkt werden.

Während in Ägypten also die Revolution weitergeht, liefern sich Rebellen und Regierungstruppen in Libyen weiter blutige Gefechte. Die Rebellen arbeiten sich derzeit von ihrer Hochburg in Bengasi im Osten des Landes allmählich westwärts Richtung Tripolis voran. Die Aufständischen werden maßgeblich von einem internationalen Militäreinsatz unterstützt, im Zuge dessen eine Flugverbotszone über dem nordafrikanischen Land eingerichtet wurde.

An diesem Montagmorgen griff die internationale Militärkoalition erneut Stellungen der Gaddafi-Truppen in Sirte an. Insgesamt seien neun Explosionen zu hören gewesen, berichteten Quellen in der Stadt. Bereits am Sonntag hatte das Bündnis Sirte bombardiert, dabei seien nach Angaben der Regierung drei Zivilisten getötet worden.

Katar erkennt Rebellen an

Als erstes arabisches Land hat Katar den Nationalen Übergangsrat der Rebellen als einzigen legitimen Repräsentanten Libyens anerkannt. Dies teilte ein Sprecher des katarischen Außenministeriums mit. Zur Begründung sagte er nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur QNA, die Führung der Aufständischen vertrete alle Regionen Libyens und werde von der Bevölkerung akzeptiert. Der Übergangsrat setzt sich aus 31 Vertretern der Opposition in den wichtigsten Städten des nordafrikanischen Landes zusammen und fungiert de facto als Regierung der Aufständischen.

Nach Frankreich ist das Emirat das zweite Land, das den Nationalrat als rechtmäßigen Vertreter Libyens anerkennt. Neben den Vereinigten Arabischen Emiraten beteiligt sich Katar auch an der Durchsetzung der vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Flugverbotszone über Libyen.

Die Nato übernahm am Sonntag das Kommando des gesamten internationalen Militäreinsatzes in Libyen. Dies teilte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel nach einem Beschluss der Botschafter der 28 Nato-Staaten mit. Das Nordatlantische Bündnis wird von der Koalition den Einsatz zum Schutz der Bevölkerung vor den Truppen Gaddafis übernehmen. Dabei sind laut Beschluss des UN-Sicherheitsrates "alle notwendigen Maßnahmen" erlaubt.

Russland hat erneut scharfe Kritik an den internationalen Luftangriffen auf Gaddafis Einheiten als "unerlaubte Militärintervention" kritisiert. Die Unterstützung der Rebellen sei ein Verstoß gegen die UN-Resolution, sagte Außenminister Sergej Lawrow nach Angaben der Agentur Itar-Tass in Moskau. Es herrsche "praktisch Bürgerkrieg" in dem nordafrikanischen Land. "Aber in dem UN-Beschluss ist keine Rede davon, dass eine ausländische Koalition hier Partei ergreifen soll", sagte Lawrow.

Ägypten: Ausreiseverbot für Mubarak

Die USA kündigten an, ihre militärische Rolle zurückfahren zu wollen. Verteidigungsminister Gates sagte, die USA würden durch nachrichtendienstliche Tätigkeiten, Überwachung und Aufklärung eine unterstützende Funktionen einnehmen. Gates betonte, dass US-Präsident Barack Obama den Einsatz von Bodentruppen ausgeschlossen habe.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte im Guardian, dass Ankara bereit sei, eine baldige Waffenruhe in Libyen zu vermitteln. Erdogan warnte davor, dass ein langwieriger Konflikte das Land in einen "zweiten Irak" oder "ein weiteres Afghanistan" verwandeln könnte. Dies könnte verheerende Auswirkungen auf Libyen und die Nato-Länder haben, die die Militärintervention anführten.

Erdogan sagte, dass Gespräche mit der Regierung Gaddafis und dem Nationalen Übergangsrat der Aufständischen weiterliefen. Die türkische Regierung hatte am Donnerstag nach tagelangem Widerstand einer Nato-Führung des Libyen-Einsatzes zugestimmt. Außenminister Ahmet Davutoglu erklärte, Bedingungen der Türkei für diesen Einsatz seien nun erfüllt.

Eine Bedingung sei es, die Kontrolle über den Flughafen der Rebellenhochburg Bengasi zu übernehmen, um von dort aus humanitäre Hilfe für das nordafrikanische Land zu koordinieren. Als weitere Punkte nannte Erdogan Luftüberwachung und den Einsatz der Marine zur Durchsetzung des Waffenembargos, wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Zudem will die türkische Regierung nach Berichten vom Wochenende eine baldige Waffenruhe in Libyen vermitteln.

USA wollen Gaddafis Gefolgsleute umwerben

Um den Druck auf Gaddafi zu erhöhen, wollen die USA in den kommenden Tagen einen Sondergesandten mit "einer sehr klaren Botschaft" nach Tripolis entsenden, sagte Außenministerin Hillary Clinton dem TV-Sender NBC. Es sei möglich, dass sich Gefolgsleute Gaddafis, aber auch das Militär, gegen den autokratischen Herrscher wenden würden. Es gebe zahlreiche Hinweise, dass Menschen aus seinem Umfeld die Hand nach der internationalen Gemeinschaft ausstreckten, sagte Clinton.

Verteidigungsminister Robert Gates betonte: "Wir haben noch andere Dinge in unserer Werkzeugkiste außer Hämmern." Die Möglichkeit, dass das Regime zusammenbreche, dürfe nicht unterschätzt werden.

Französische Kampfjets zerstörten am Sonntag nahe der umkämpften libyschen Stadt Misrata sowie östlich der Hauptstadt Tripolis Panzer und ein größeres Munitionsdepot. Nach Angaben des Generalstabs in Paris verstärkte Allianzpartner Katar mit dem Eintreffen von vier weiteren Kampfflugzeugen des Typs Mirage 2000-5 auf der griechischen Insel Kreta sein Kontingent auf sechs Militärjets. Erst am Vortag hatten französische Kampfjets die Zerstörung von mehreren einstrahligen Flugzeugen sowie zwei schweren Kampfhubschraubern bekanntgegeben.

Syrien: Warnschüsse auf Demonstranten

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte dem britischen Guardian, Ankara sei bereit, eine baldige Waffenruhe in Libyen zu vermitteln. Erdogan warnte davor, dass ein langwieriger Konflikt das Land in einen "zweiten Irak" oder "ein weiteres Afghanistan" verwandeln könnte. Dies könnte verheerende Auswirkungen auf Libyen und die Nato-Länder haben, die die Militärintervention anführten. Erdogan sagte, dass Gespräche mit der Regierung des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi und mit dem Nationalen Übergangsrat der Aufständischen weiterliefen.

Der libysche Machthaber selbst und Mitglieder seines Regimes sollen in den vergangenen Tagen mehrfach versucht haben, mit der spanischen Regierung Kontakt aufzunehmen. Madrid habe die Vorstöße jedoch zurückgewiesen, teilte die spanische Außenministerin Trinidad Jiménez im öffentlich-rechtlichen Sender TVE mit.

Unterdessen gehen die Aufstände in anderen arabischen Ländern weiter: In der südsyrischen Stadt Deraa soll die Polizei Warnschüsse abgegeben haben, um Demonstranten zu vertreiben. Ein Einwohner sagte, mehrere hundert Menschen hätten einen "Märtyrer" zu Grabe getragen, der von den Sicherheitskräften während einer Demonstration getötet worden sei. Anschließend hätten sie Slogans gegen die Regierung gerufen.

Die Stadt war in den vergangenen Tagen zum Zentrum der Proteste gegen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad geworden: Die Polizei eröffnete das Feuer auf Demonstranten und tötete mehr als 100 Menschen. Die Opposition sprach von einem "Massaker". Das Blutbad hatte weltweit für Aufsehen gesorgt.

Unter dem Druck von Demonstrationen hat die Regierung ein Ende des seit fast fünf Jahrzehnten dauernden Ausnahmezustandes angekündigt. Nach Angaben seines Stellvertreters Faruk al-Schara will Staatschef al-Assad in den kommenden beiden Tagen wichtige Entscheidungen verkünden. Die Beschlüsse würden das syrische Volk zufriedenstellen, sagte Schara dem libanesischen Fernsehsender al-Manar, der von der pro-syrischen schiitischen Hisbollah-Bewegung betrieben wird.

Zehntausende gehen in Jordanien auf die Straße

Auch in Jordanien sind die Menschen erneut auf die Straße gegangen: Zehntausende zeigten ihre Unterstützung für König Abdallah II. Sie zogen in der Touristenstadt Petra knapp 250 Kilometer südlich der Hauptstadt Amman auf die Straßen, um ihr Staatsoberhaupt zu empfangen. Abdallah stand vor seinem Fahrzeug und grüßte die Menschen, die jordanische Flaggen schwenkten und "Lang lebe unser geliebter König" riefen.

In Jordanien kommt es seit drei Monaten zu Protesten gegen die Regierung, bei denen der Rücktritt des jordanischen Ministerpräsidenten, die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen gefordert werden. Bislang richten sich die Proteste nicht direkt gegen König Abdallah II., die Opposition verlangt aber, dass der Ministerpräsident künftig vom Volk gewählt und nicht vom König ernannt wird. In Anspielung auf die jüngsten Proteste, bei denen erstmals ein Demonstrant getötet wurde, mahnte Abdallah die nationale Einheit an. "Wir verfolgen politische Reformen, und wir haben nichts, vor dem wir Angst haben müssen", sagte der König bei einer Versammlung in Petra.

Die Abgeordnetenkammer in Amman - das einzige gewählte Organ des jordanischen Zwei-Kammer-Parlaments - wies Forderungen einer kleinen Gruppe zurück, dem König alle konstitutionellen Rechte zu entziehen. Das Parlament erklärte, die Forderungen kämen "politischer Erpressung" gleich. Sie würden "Reformen behindern und Spannungen erzeugen".

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