Krieg in Libyen:Spekulationen um Gaddafi

Neue Spekulationen um das Schicksal des libyschen Machthabers Gaddafi: Nach unbestätigten Berichten wurde er vermutlich verletzt und soll Tripolis verlassen haben. Gaddafis selbst dementiert in einer Audiobotschaft.

Der libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi ist möglicherweise verletzt und vermutlich nicht mehr in Tripolis. Entsprechende Angaben des katholischen Bischofs von Tripolis, Giovanni Innocenzo Martinelli, bezeichnete Italiens Außenminister Franco Frattini am Freitag als glaubwürdig.

Still image from a video shows Gaddafi gesturing as he speaks at a Tripoli hotel

Am Mittwoch war Gaddafi im libyschen Fernsehen zu sehen. Ein Screenshot seines Auftritts.

(Foto: Reuters)

Das Gaddafi-Regime wies die Berichte umgehend zurück. In einer vom Staatsfernsehen ausgestrahlten Audiobotschaft bestritt der Despot, verletzt worden zu sein. Er befinde sich an einem Ort, an dem ihn die Nato-Bomben nicht erreichen könnten, sagte er. Er könne auf die Unterstützung von Millionen Libyern bauen, so Gaddafi weiter. Zugleich verurteilte er die jüngsten Luftangriffe der Nato als "feige".

Es handelte sich um eine reine Tonaufnahme, ein Bild Gaddafis war nicht zu sehen. Über das Schicksal des libyschen Machthabers wird spekuliert, seit bei einem Nato-Angriff auf Tripolis vor knapp zwei Wochen sein jüngster Sohn und drei seiner Enkelkinder getötet wurden. Angesichts der schweren Zerstörungen an dem Gebäude, in dem sich auch Gaddafi aufgehalten haben soll, sei kaum vorstellbar, dass jemand unverletzt geblieben sei, hieß es schon damals.

Erstmals seit dem tödlichen Luftangriff hatte das libysche Staatsfernsehen in der Nacht zum Donnerstag wieder Bilder Gaddafis gezeigt. Darauf war der Machthaber bei einem Treffen mit Stammesführern zu sehen. Das Treffen soll am Mittwoch in einem Hotel in Tripolis stattgefunden haben. Internationale Journalisten, die in dem Hotel untergebracht sind, bestätigten, dass im entsprechenden Zeitraum Bereiche des Hotels abgesperrt waren. Gaddafi sei aber nicht gesehen worden, hieß es. Wo sich Gaddafi aufhalte, sei nicht bekannt, sagte Frattini laut italienischer Nachrichtenagentur Ansa.

Im libyschen Staatsfernsehen hieß es, die Gerüchte um das Schicksal Gaddafis seien aus der Luft gegriffen. Nato-Kampfjets hatten auch in den vergangenen Tagen Angriffe auf Ziele in Tripolis geflogen, auch auf Gebäude, in denen sich der Gaddafi-Clan aufhalten soll. Mit dem von einem UN-Mandat gedeckten Militäreinsatz soll die libysche Bevölkerung vor Angriffen des Regimes geschützt werden. Nach Angaben der libyschen Staatsagentur Jana wurden bei einem Nato-Luftangriff in der ostlibyschen Öl-Stadt Al-Brega 16 muslimische Prediger getötet. Von unabhängiger Seite ließ sich das nicht bestätigen. Al-Brega wird von den Truppen Gaddafis kontrolliert. Die Zahl der Angriffe regimetreuer Truppen auf Zivilisten nimmt nach Feststellungen der Nato bereits ab. "Wir haben gestern keine Berichte über den Beschuss von Zivilisten in Misrata gehabt", sagte der britische Oberstleutnant Mike Bracken, Sprecher des internationalen Militäreinsatzes in Libyen, am Freitag in Neapel. "Aber wir werden unseren Einsatz fortsetzen, bis alle Angriffe auf Dauer aufhören."

Die Nato hatte Anfang April die Führung des Einsatzes übernommen. "Unser Ziel ist es nicht, diese Truppen zu zerstören. Und unser Ziel ist auch nicht Gaddafi selbst", sagte der Militärsprecher. Die Lage sei nach wie vor "dynamisch". Es gebe im gesamten Westen Libyens "viel Bewegung". Dort haben die Aufständischen nach eigenen Angaben in einem strategisch wichtigen Gebirgszug mehrere Angriffe der Gaddafi-Truppen zurückgeschlagen. "Von Sintan bis Nalut haben seine Truppen in diesem westlichen Gebirge keine einzige Schlacht gewonnen", sagte ein Rebellen-Kommandeur am Freitag dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira. Der Nafusa-Gebirgszug erstreckt sich parallel zur Mittelmeerküste auf einer Länge von etwa 250 Kilometern von der tunesischen Grenze bis südlich von Tripolis. Von den Anhöhen kontrollieren die Aufständischen die darunter liegenden Ebenen.

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