Krieg in der Ukraine:Russland ermittelt wegen "Völkermordes"

Krieg in der Ukraine: Rauch steigt nahe des Flughafens Donezk in den Himmel.

Rauch steigt nahe des Flughafens Donezk in den Himmel.

(Foto: AP)
  • Russland leitet ein Strafverfahren wegen "Völkermordes" in der Ostukraine ein. Unklar ist, gegen wen ermittelt wird.
  • Bei den blutigsten Gefechten seit Beginn der Waffenruhe werden im Osten der Ukraine mindestens 15 Menschen getötet.
  • In Charkiw stürzen Aktivisten das größte Lenin-Denkmal der Ukraine vom Sockel.
  • Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko spricht sich gegen eine Föderalisierung des Landes aus.

Russland leitet Verfahren wegen Völkermordes ein

Russland hat ein Strafverfahren wegen Völkermordes an den russischsprachigen Bewohnern im Bürgerkriegsgebiet Ostukraine eingeleitet. Seit Beginn der "Anti-Terror-Operation" im April hätten ukrainische Politiker und Militärangehörige Befehle zur "vollständigen Beseitigung der russischsprachigen Bürger" in den Gebieten Donezk und Lugansk gegeben, sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde in Moskau. Gegen wen konkret ermittelt werde, sagte er nicht.

In der Ostukraine seien bei Kämpfen zwischen Regierungstruppen und moskautreuen Separatisten mindestens 2500 Menschen getötet und mehr als 500 Häuser zerstört worden, sagte der Sprecher. Mehr als 300 000 Menschen seien nach Russland geflüchtet. Weiter hieß es, die angeblichen ukrainischen Befehle verstießen gegen russisches Recht und gegen Normen des Völkerrechts. Nach UN-Schätzungen kamen seit Ausbruch des Konflikts im April mehr als 3500 Menschen ums Leben. Militär und Separatisten machen sich gegenseitig für den Tod von Zivilisten verantwortlich.

Neue Kämpfe am Flughafen Donezk

In der Ostukraine ist es erneut zu schweren Kämpfen gekommen - den bisher blutigsten seit Beginn der Waffenruhe am 5. September. Prorussische Separatisten und ukrainische Soldaten lieferten sich unter anderem am Flughafen von Donezk heftige Gefechte. Dabei seien sieben Soldaten getötet und neun weitere verletzt worden, teilte der Präsidentenberater Juri Birjukow in Kiew mit. Die prorussischen Separatisten sprachen von fünf toten Kämpfern in den eigenen Reihen und acht Verletzten. Nach einer Mitteilung der Stadtverwaltung von Donezk sind zudem drei Zivilisten getötet worden.

Die Lage in der Region sei gespannt, heißt es in der Mitteilung des Stadtrats. In vielen Vierteln sei Feuer aus schweren Waffen zu hören. Die Gewalt war am Wochenende mit den Kämpfen um den Donezker Flughafen aufgeflammt. Die Separatisten teilten mit, dass die Feuerpause mehr als ein Dutzend Mal verletzt worden sei. Wohnhäuser, Industrieanlagen und öffentliche Gebäude seien zerstört worden.

So stürzte das Lenin-Denkmal

In der ostukrainischen Stadt Charkiw haben Aktivisten unter dem Jubel tausender Menschen die bis dato größte Lenin-Statue der Ex-Sowjetrepublik gestürzt. Die Skulptur des kommunistischen Revolutionsführers war vor 50 Jahren auf dem Platz der Freiheit errichtet worden. Aktivisten sägten die Figur an den Füßen an und zogen sie mit Seilen von ihrem Sockel. Das Denkmal war 20 Meter hoch und damit das größte der Ukraine. Im Zuge der proeuropäischen Revolution, die 2013 vom Maidan in der Landeshauptstadt Kiew ausging, hatten prowestliche Kräfte landesweit zahlreiche Lenin-Statuen gestürzt.

Der Chef der Gebietsverwaltung von Charkiw, Igor Baluta, erließ eine Verordung, um den eigentlich strafbaren Vandalismus nachträglich zu legalisieren. Charkiws Bürgermeister Gennadi Kernes kritisierte dagegen den "illegalen Abriss" und kündigte an, das Denkmal wieder aufstellen zu lassen. "Im Schutz der Dunkelheit haben national eingestellte Leute das Denkmal vernichtet", teilte der Rathauschef mit.

Dezentralisierung ja, Föderalisierung nein

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat betont, dass die Ukraine ein einheitlicher Staat bleiben soll. Vor etwa zwei Wochen hatte das Parlament in Kiew ein Gesetz über einen Sonderstatus für den umkämpften Osten des Landes verabschiedet. Das Dokument sieht einen Sonderstatus der betroffenen Gebiete für drei Jahre vor. Dies sei Teil eines Dezentralisierungsprozesses und bedeute keine Föderalisierung, betonte Poroschenko. "Ich kann versichern, dass weder das Thema Souveränität, noch die Themen territoriale Integrität und Unabhängigkeit der Ukraine auf der Agenda stehen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: