Annäherung beim Gasstreit
Nach den Worten des russischen Präsidenten Wladimir Putin haben sich Russland und die Ukraine in ihrem Gas-Streit auf die Bedingungen für Lieferungen "zumindest im Winter" verständigt. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko äußerte sich verhaltener: "Ich kann sagen, dass wir einen gewissen Fortschritt gemacht haben, aber einige Details müssen noch diskutiert werden." Er hoffe, dass eine Lösung vor einem Treffen der Energieminister der beiden Länder gefunden werde, das am Dienstag unter EU-Vermittlung in Brüssel stattfindet.
Poroschenko zufolge muss nun vor allem die Frage geklärt werden, wie die mit massiven finanziellen Problemen kämpfende Ukraine für die Lieferung von russischem Gas bezahlt. Putin rief die Europäer und die EU-Kommission nach dem Treffen auf, die Ukraine finanziell zu unterstützen, damit das Land seine Gasrechnungen bei Russland zahlen kann.
Die Staatschefs hatten sich am Rande des Europa-Asien-Gipfels in Mailand zum ersten bilateralen Gespräch seit Ende August getroffen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident François Hollande hatten am Nachmittag mit Putin und Poroschenko beraten. "Dabei wurde Annäherung in der Frage der Gaslieferungen erzielt", teilte Merkels Sprecher Steffen Seibert mit.
"Keinerlei Durchbruch" bei Friedensplan
Verhaltener fiel dagegen die Einschätzung der Fortschritte beim Anfang September vereinbarten und nicht eingehaltenen Friedensplan für die Ostukraine aus. "Wir haben in einigen Detailfragen durchaus Annäherungen. Aber der zentrale Punkt ist, ob die territoriale Integrität der Ukraine wirklich geachtet wird", sagte Merkel in Mailand. Hier sei entscheidend, dass die geplanten Wahlen in der gesamten Ukraine nach ukrainischem Recht stattfinden. Die prorussischen Separatisten planen, eigene Abstimmungen in den von ihnen kontrollierten Gebieten in der Ostukraine abzuhalten. "Hier gibt es bisher keinerlei Durchbruch", sagte Merkel.
Angela Merkel als Vermittlerin
Angela Merkel gilt als führende Vermittlerin zwischen den Parteien. Sie hatte mit Putin in der Nacht auf Freitag zweieinhalb Stunden lang verhandelt, um Chancen für eine friedliche Lösung auszuloten. Auch mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko hatte sie sich getroffen.
Aus dem Kreml hieß es nach der langen Nachtsitzung, es habe "erhebliche Meinungsverschiedenheiten" über den Ursprung der innenpolitischen Krise in der Ukraine und die Ursachen für die augenblicklichen Ereignisse gegeben.
Der Westen wirft Russland vor, die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim völkerrechtswidrig annektiert zu haben und die prorussischen Separatisten in der Ostukraine zu unterstützen. Als Konsequenz wurden umfangreiche Wirtschaftssanktionen gegen Moskau verhängt. Russland weist die Vorwürfe zurück.
Keine Anzeichen für Truppenabzug
Für Ernüchterung sorgte vor dem Treffen ein Lagebericht der Nato. Das westliche Verteidigungsbündnis hat nach eigenen Angaben bislang keine Anzeichen für den von Putin angekündigten Abzug russischer Truppen aus dem Grenzgebiet zur Ukraine. Moskaus Versprechen wenige Tage vor dem Mailander Treffen hatte Hoffnung auf Entspannung in der schwersten Krise in Europa seit dem Ende des Kalten Krieges genährt.
Niederländischer Regierungschef fordert von Putin Kooperation bei MH17
Auch der niederländische Regierungschef Mark Rutte kam in Mailand mit Putin zusammen. Dabei ging es um die Ermittlungen zur Absturzursache von Flug MH17, wie Rutte auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter nach dem Treffen am Donnerstagabend schrieb. Er habe von Putin "volle Kooperation" gefordert. "Es ist ein emotionales Thema und ich bin natürlich wütend über alle Beteiligten, die es unmöglich gemacht haben, mit den Arbeiten an der Absturzstelle zu beginnen", schrieb Rutte zudem im Onlinenetzwerk Facebook.
Schärferer Ton aus Moskau
Putin hatte pünktlich zu dem Treffen in Mailand den Ton gegenüber dem Westen noch einmal verschärft. Über US-Präsident Barack Obama und die amerikanischen Sanktionen gegen Moskau sagte der Kreml-Chef in einem Interview, es sei "schwer, ein solches Vorgehen anders als feindselig zu bezeichnen". Partner Russlands sollten einsehen, "dass Erpressungsversuche unvernünftig sind".