Krieg in der Ukraine:Kiew führt "Abschussprämien" für Soldaten ein

  • Einem Beschluss der ukrainischen Regierung zufolge bekommen Soldaten künftig Prämien, wenn sie Panzer, Fahrzeuge oder Flugzeuge der Aufständischen zerstören. Gleichzeitig heißt es, dass die Armee ihren Soldaten oft den Sold schuldig bleibt.
  • Die Ukraine Kontaktgruppe trifft sich nach längerer Pause wieder zu einem Treffen in Minsk, um über einen Waffenstillstand zu verhandeln. Mitglieder sind neben den Separatisten und der Ukraine auch Russland und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
  • Die EU-Außenminister kommen am Donnerstag zu Beratungen über erneute Russland-Sanktionen zusammen. Mit Spannung wird erwartet, wie sich die zuletzt prorussisch positionierte neue griechische Regierung verhalten wird.
  • Der ehemalige sowjetische Präsident Gorbatschow warnt den Westen vor bewaffneten Auseinandersetzungen mit Russland.

Ukrainische Soldaten bekommen "Abschussprämien"

Im Kampf gegen prorussische Separatisten in der Ostukraine hat die prowestliche Regierung in Kiew "Abschussprämien" für ihre Soldaten eingeführt. Einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss zufolge zahlt der Staat für ein vernichtetes Fahrzeug der Aufständischen umgerechnet 600 Euro. Zerstörte Panzer werden mit 2400 Euro belohnt, und für ein abgeschossenes Kampfflugzeug soll es 6000 Euro geben. Zusätzlich will die Regierung den Soldaten für jeden Tag im Kampfeinsatz 50 Euro zahlen. Armeeangehörige klagen jedoch oft darüber, dass der finanziell klamme Staat ihnen den Sold schuldet.

Ukraine Kontaktgruppe will sich in Minsk treffen

Vertreter Kiews und der prorussischen Separatisten wollen an diesem Freitag wieder im Rahmen der Kontaktgruppe in Minsk verhandeln. Das teilte das weißrussische Außenministerium am Donnerstag der russischen Agentur Interfax zufolge mit. Die Aufständischen im Gebiet Lugansk erklärten sich zu dem Treffen bereit. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sprach sich ebenfalls für ein unverzügliches Treffen aus. Zur Kontaktgruppe gehören auch Russland und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Bei den Gesprächen in Minsk geht es um eine Feuerpause und den Abzug schwerer Waffen.

EU-Außenminister beraten über neue Russland-Sanktionen

Nach dem Wirbel um ein Ausscheren Griechenlands in der Russland-Politik beraten die Außenminister der EU-Staaten am Donnerstag über mögliche neue Strafmaßnahmen gegen Moskau. Mit Spannung wird vor allem erwartet, ob Russland wegen seiner mutmaßlichen Unterstützung für die Separatisten im Osten der Ukraine zusätzliche Wirtschaftssanktionen befürchten muss. Als ersten Schritt in diese Richtung könnten weitere Unterstützer von Präsident Wladimir Putin auf eine Liste gesetzt werden, die für die EU Einreiseverbote und Kontensperrungen vorsieht.

Konkrete Entscheidungen zu einer möglichen Ausweitung von Wirtschaftssanktionen werden nach Angaben aus Diplomatenkreisen vermutlich erst bei einem Treffen der Staats- und Regierungschefs am 12. Februar getroffen. Als sicher gilt hingegen, dass die im März vergangenen Jahres beschlossenen Kontensperrungen und Einreiseverbote für Rebellen und Unterstützer um ein Jahr verlängert werden sollen. Dies waren die ersten EU-Strafmaßnahmen, die als Folge der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland verhängt wurden.

Die erst seit wenigen Tagen amtierende Regierung in Athen sorgte mit Kritik an einer EU-Erklärung zur möglichen Ausweitung der Russland-Sanktionen für Unmut in Brüssel. Unklar blieb, ob Griechenland in Erwägung zieht, mögliche Schritte zu blockieren. Theoretisch wäre dies möglich, da Strafmaßnahmen nur einstimmig verabschiedet werden können. Dem neuen griechische Außenminister Nikos Kotzias steht eine mit Spannung erwartete Premiere im Kreis der EU-Kollegen bevor.

EU-Parlamentspräsident kritisiert Griechenland scharf

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz warnte die neue Athener Regierung vor politischen Alleingängen. Diese sei nicht gewählt worden, um Sanktionen gegen Russland zu boykottieren, sagte Schulz im ZDF. Der Staat habe ganz andere Sorgen. "Ich habe keinen Bock, ideologische Debatten zu führen mit einer Regierung, die gerade mal zwei Tage im Amt ist." Schulz wollte sich am Donnerstag in Athen unter anderem mit dem neuen griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras treffen.

Nach Ansicht des CDU-Politikers Norbert Röttgen muss die EU jedem Versuch der neuen griechischen Regierung entschieden entgegentreten, Europa in der Russland-Politik zu erpressen. "Jeder Versuch, einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Politikbereichen herzustellen, muss im Ansatz unterbunden werden", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages.

SPD-Chef Gabriel ist gegen neue Sanktionen

Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sprach sich gegen eine Verschärfung der Strafmaßnahmen gegen Russland zum jetzigen Zeitpunkt aus. SPD-Chef Gabriel sagte am Mittwochabend im ZDF, er glaube nicht, dass die Außenminister neue Sanktionen beschlössen. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es zu früh, schon wieder nach weiteren Strafmaßnahmen zu rufen. "Selbst in den schwierigsten Zeiten darf man das europäische Russland nicht aufgeben und einfach sagen, dann haben wir jetzt eben 30 Jahre einen neuen Kalten Krieg."

Ex-Sowjetchef Gorbatschow warnt Westen vor Krieg mit Russland

Der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow warnt den Westen vor bewaffneten Auseinandersetzungen mit Russland. Die USA hätten Russland bereits "in einen neuen Kalten Krieg gezogen", sagte der 83-Jährige der russischen Nachrichtenagentur Interfax. "Wohin wird uns das alles führen?", fragte Gorbatschow. "Leider kann ich nicht sicher sagen, dass ein Kalter Krieg nicht zu einem 'heißen' führen wird, ich fürchte, sie könnten dies riskieren", ergänzte er offenbar mit Blick auf Washington.

Der letzte Staatschef der Sowjetunion hatte während seiner Amtszeit zur Entspannung zwischen Moskau und dem Westen beigetragen. In Russland wird er dafür kritisiert, den Zusammenbruch der Sowjetunion in Kauf genommen zu haben. Nun kritisierte er die im Ukraine-Konflikt gegen Russland verhängten westlichen Sanktionen. "Alles dreht sich nur um Sanktionen Amerikas und der Europäischen Union gegen Russland, haben sie völlig den Kopf verloren?"

Die Gewalt eskaliert erneut in der Ostukraine

Im Bürgerkriegsgebiet berichteten die Konfliktparteien erneut von gegenseitigem Beschuss. Nach Darstellung der Separatisten gab es Tote und Verletzte. Vor allem bei dem Verkehrsknotenpunkt Debalzewo nordöstlich der Großstadt Donezk gebe es heftige Gefechte, sagte Separatistenführer Eduard Bassurin der Agentur Interfax. Das Militär in Kiew warf den Aufständischen Dutzende Angriffe auf Soldaten vor.

Die Gefechte in der Krisenregion Donbass hatten zuletzt an Schärfe zugenommen. Das ukrainische Militär und die Separatisten berichteten von zahlreichen Toten in der Ostukraine. In Donezk und Mariupol gab es bei Beschüssen eines Linienbusses und eines Wohngebietes zahlreiche tote Zivilisten. Zu dem Raketenangriff in Mariupol bekannten sich die prorussischen Separatisten. Auch für den Raketeneinschlag in einen Bus auf einer Straße zwischen Donezk und Mariupol mit mindestens zehn Toten sollen die Separatisten verantwortlich sein.

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