Krieg im Gaza-Streifen:Israelische Streitkräfte starten Bodenoffensive

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Israelische Truppen sind in den Gaza-Streifen einmarschiert - die angekündigte Bodenoffensive hat begonnen. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak stimmte seine Landsleute auf einen langen und schweren Einsatz ein. Die radikal-islamische Hamas drohte Israel mit Vergeltung.

Nach einwöchigen Luftangriffen hat Israel am Samstagabend mit einer Bodenoffensive im Gaza-Streifen begonnen.

Feuer in Gaza City nach dem Beschuss durch die israelischen Streitkräfte (Foto: Foto: AFP)

Israelische Fernsehsender zeigten Bilder, wie Soldaten nach Anbruch der Dunkelheit in das palästinensische Autonomiegebiet einmarschierten. Der Kanal 10 TV berichtete von heftigen Feuergefechten mit palästinensischen Kämpfern. Auf Live-Bildern waren schwere Explosionen in Gaza zu sehen. Leuchtkugeln erhellten den Himmel, während Rauchsäulen aufstiegen. Ärzte berichteten wenige Stunden nach Beginn der Offensive von ersten Toten.

Die Streitkräfte bestätigten den Einsatz. Dieser werde sich allem Anschein nach zu einer längeren und großangelegten Offensive ausweiten, erklärte Armeesprecherin Avital Leibovitsch: "Wir haben viele, viele Ziele." Sie verwies unter anderem auf die zahlreichen Tunnel, die die radikalislamische Hamas für den Waffenschmuggel angelegt habe.Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak sagte, der Einsatz werde "nicht leicht und nicht kurz" sein. "Wir wollen keinen Krieg, aber werden unsere Bürger nicht den anhaltenden Raketenangriffen der Hamas ausliefern."

Die radikal-islamische Hamas drohte Israel mit einer harten Antwort auf die laufende Bodenoffensive im Gazastreifen. Israel werde einen "schweren Preis" für die Invasion zahlen. "Gaza wird für Euch nicht mit Blumen gepflastert sein, es wird mit dem Feuer der Hölle gepflastert sein", sagte ein Hamas-Sprecher. Ungeachtet der hohen Opferzahlen hatte Hamas-Politbürochef Chaled Maschaal bereits angekündigt, man werde nicht aufgeben und vor Israel kapitulieren.

Botschafter: Israel will Gaza nicht dauerhaft besetzen

Aus israelischen Sicherheitskreisen verlautete, der Einsatz werde bestimmt einige Tage andauern. An der Offensive seien Infanterie, Panzer, Artillerie, Luftwaffe und Marine beteiligt. Ziel sei es, die Infrastruktur der Hamas zu zerschlagen.

Vorerst blieben die israelischen Panzer- und Infanterie-Einheiten noch nahe an der Grenze. Dort hat Israel nach Verlautbarungen aus dem Verteidigungsministerium rund 10.000 Soldaten zusammengezogen. Wenige Stunden vor dem Einmarsch begann die Artillerie damit, vermutete Sprengfallen im Grenzgebiet unter Beschuss zu nehmen. Dabei soll auch ein Wohnhaus getroffen worden sein.

Nach Worten des israelischen Botschafters in Deutschland hat Israel jedoch nicht die Absicht, den 2005 geräumten Gazastreifen wieder dauerhaft zu besetzen. "Das Ziel der Bodenoffensive ist es, zeitweilig die Kontrolle über jenes Gebiet zu übernehmen, von dem Granaten und Raketen gegen Israel abgefeuert werden", sagte Ben-Zeev laut Bild am Sonntag. "Diese Operation ist nicht gedacht, um Gaza zurückzuerobern. Die israelische Armee hat keine Absicht dort zu bleiben."

Kurz nach Beginn einer Bodenoffensive leitete die israelische Armee die Mobilisierung von Tausenden Reservisten ein. Die Regierung des amtierenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert habe die Genehmigung dazu am Samstagabend erteilt, berichtete das israelische Radio. Angaben über den Umfang der Mobilisierung gab es zunächst nicht. Es hieß aber, dass an der Operation eine große Zahl an Truppen aus allen Bereichen der Streitkräfte teilnehmen werde.

Die Offensive kostete bis Samstagabend mehr als 460 Menschen das Leben. Mindestens 100 der Toten waren nach UN-Angaben Zivilpersonen, bis zu 2000 Menschen wurden verletzt.

Weltweit protestierten am Samstag erneut Zehntausende gegen den israelischen Militäreinsatz. Allein in Deutschland wurden weit mehr als 20.000 Demonstranten gezählt: In Frankfurt am Main kamen rund 10.000 Menschen zusammen, in Berlin gab die Polizei die Zahl der Demonstranten mit etwa 7000 an, in Düsseldorf waren es rund 4000. In Paris kam es nach einer Demonstration mit 21.000 Teilnehmern zu Krawallen. Hunderte Randalierer stürzten am Abend in der Innenstadt Autos um und setzten sie in Brand. Sie warfen Schaufenster ein und lieferten sich Schlachten mit der Polizei.

Internationale Bemühungen

Unterdessen wurden die internationalen Bemühungen um einen Waffenstillstand verstärkt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon setzte sich für eine sofortige Feuerpause unter Einsatz internationaler Beobachter ein. Die Hamas reagierte nur kühl auf diesen Vorschlag. Der UN-Sicherheitsrat wird sich voraussichtlich am Montag mit einem Resolutionsentwurf der Arabischen Liga befassen, in dem ein Ende der Luftangriffe und eine Verurteilung Israels gefordert wird.

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas und die Außenminister mehrerer arabischer Staaten wollten in New York persönlich für eine Annahme werben. Die USA und Großbritannien haben den Entwurf aber schon als inakzeptabel und unausgewogen abgelehnt, weil darin die Raketenangriffe der Hamas nicht erwähnt würden. Wie Ban forderten auch US-Präsident George W. Bush, der französische Präsident Nicolas Sarkozy und Außenminister Frank-Walter Steinmeier einen Waffenstillstand.

© sueddeutsche.de/AP/AFP/Reuters/dpa/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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