Krieg im Gaza-Streifen:Die Guerilla-Falle

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Israels Luftwaffe hat Hunderte Hamas-Mitglieder getötet und Waffendepots zerstört. Doch die Hamas scheint nicht sonderlich geschwächt zu sein. Einen Bodenkrieg im Gaza-Streifen könnte Israel aber kaum gewinnen.

Thorsten Schmitz, Tel Aviv

Der verfehlte Libanonkrieg vor zweieinhalb Jahren gegen die Hisbollah hat der Offensive gegen die Hamas im Gaza-Streifen den Weg geebnet. Israel wollte damals die Hisbollah vernichten.

Bomben explodieren, weitere fallen auf die Erde, abgeworfen von israelischen Flugzeugen im Norden des Gaza-Streifen. (Foto: Foto: Reuters)

Doch nach 33 Tagen und 1500 libanesischen und israelischen Toten feierte die Terror-Miliz triumphierend den "Sieg über den zionistischen Feind".

Israels Armee und Regierung sahen durch den verlorenen Libanonkrieg das Abschreckungspotential des jüdischen Staates geschwächt. So begleicht Israel nun mit dem Krieg gegen die Hamas auch die offene Rechnung mit der Hisbollah.

Jerusalem will die Hamas entwaffnen und stürzen, um dem Raketenkrieg der Hamas ein Ende zu bereiten. Aber auch, um die Schmach des verlorenen Libanonkriegs loszuwerden.

Hamas nicht sonderlich geschwächt

Doch Israel befindet sich in einer Falle. Seit 2001 haben Gaza-Terroristen rund 10500 Raketen und Granaten auf Israel geschossen - und keine einzige israelische Armee-Operation seitdem hat den Raketenkrieg stoppen können. Bis heute.

Israels Luftwaffe hat zwar seit Beginn der Offensive am vergangenen Samstag Hunderte Hamas-Mitglieder getötet und Waffendepots und Ministerien zerstört. Aber die Hamas scheint nicht sonderlich geschwächt zu sein.

Jeden Tag fliegen weiter reichende Raketen von Gaza aus auf Israel. Um nicht erneut einen Krieg zu verlieren, drängen Armeespitze und Regierungschef Ehud Olmert jetzt blind auf eine Bodenoffensive.

Doch in den unübersichtlichen Gassen der Flüchtlingslager im Gaza-Streifen könnte die Armee in einen Abnutzungskrieg mit den Terrorgruppen Hamas und Islamischer Dschihad gezogen werden, der letztlich die Schwäche der Armee bloßstellen würde.

Die Hamas würde Selbstmordattentäter und Scharfschützen auf die israelischen Soldaten ansetzen. Weil Israel den Gaza-Streifen nicht wiederbesetzen und 1,5 Millionen Palästinenser versorgen will, müsste sich die Armee aus dem Gebiet dann wieder zurückziehen. Und die Hamas könnte einen Sieg feiern und so Israels Abschreckungspotential weiter schwächen.

Selbst Israels starke Armee könnte also wenig ausrichten gegen eine Guerilla-Taktik der Hamas. Doch statt die leisen Signale der Hamas-Führung zu prüfen, die jetzt erklärt hat, sie würde einer vorübergehenden Waffenruhe zustimmen, falls Israel seine Offensive beende, setzt Israel unbeirrt auf Härte. Dabei fürchten die Mitglieder der Hamas weder Soldaten noch den Tod. Angst haben sie nur vor Diplomatie und Frieden.

Die Rufe nach einem Ende der Offensive werden in den nächsten Tagen lauter werden. Das Zeitfenster für eine Bodenoffensive schließt sich, denn die Bilder der Zerstörung und der Toten in Gaza lösen weltweit immer mehr Wut aus.

Die toten Hamas-Kämpfer werden Israel keine Ruhe bringen, denn Tausende Palästinenser warten nur darauf, der Gruppe beizutreten. Das Vakuum, das ein Ende der israelischen Offensive hinterließe, könnte dann eine UN-Truppe füllen.

© SZ vom 02.01.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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