Krawalle in Griechenland:Das Tränengas wird knapp

Erneut liefern sich Jugendliche in Athen gewaltsame Zusammenstöße mit der Polizei. Auch in anderen europäischen Ländern kam es zu Krawallen.

In der griechischen Hauptstadt Athen ist es am Freitag erneut zu Straßenkämpfen zwischen jugendlichen Demonstranten und der Polizei gekommen.

Krawalle in Griechenland: Jungendliche Steinewerfer bestimmen seit Tagen das Stadtbild in Athen.

Jungendliche Steinewerfer bestimmen seit Tagen das Stadtbild in Athen.

(Foto: Foto: dpa)

Vor dem Parlamentsgebäude versammelte Studenten bewarfen die Polizei mit Brandbomben und Steinen. Die setzte Tränengas ein. Es war der siebte Tag in Folge mit gewaltsamen Protesten. Ausgelöst wurden sie durch den Tod eines 15-Jährigen durch eine Polizeikugel.

Mit Spannung wurde unterdessen Autopsie der Leiche erwartet. Sie soll klären, ob der Polizist direkt auf den 15-jährigen Alexandros Grigoropoulos geschossen hat oder ob der Junge durch einen Querschläger starb.

Reform plant Polizeireform

In diesem Fall ginge es um fahrlässige Tötung und nicht um Mord. Das sagte der Rechtsanwalt des 37-jährigen Beamten, der momentan in Haft sitzt. Er erklärte erneut, er habe lediglich zwei oder drei Warnschüsse abgegeben.

Er und sein Kollege, dem Beihilfe zum Totschlag vorgeworfen wird, wurden am Freitag in ein Gefängnis in der Provinz gebracht, berichtete das Staatsradio. Damit sollen Proteste vor dem Hochsicherheits-Gefängnis von Korydallos nahe Piräus, wo die beiden bislang in Untersuchungshaft saßen, verhindert werden.

Der Polizei ist es bislang nicht gelungen, die Proteste zu stoppen. Demonstranten besetzten vorübergehend einen Athener Radiosender und verlasen eine Erklärung. In Polizeikreisen hieß es, den Sicherheitskräften gehe das Tränengas aus. Nachschub solle aus Israel und Deutschland kommen. Die Demonstranten machen die Regierung für den Tod des Jugendlichen verantwortlich.

Ministerpräsident Kostas Karamanlis versicherte am Rande des EU-Gipfels in Brüssel, Griechenland sei sicher. Er rief seine Landsleute auf, blinde Gewalt zu verurteilen und Randalierer zu isolieren. "Das ist unsere demokratische und nationale Pflicht", sagte Karamanlis im griechischen Fernsehen. Er habe ein offenes Ohr für die Wünsche, die Probleme und die Forderungen der Jugend: "Demonstrationen zu diesen Themen sind sogar erwünscht. Was nicht akzeptiert wird, ist blinde Gewalt", sagte der griechische Regierungschef. Zugleich vertrat er die Auffassung, einige Medien hätten übertrieben über die Lage berichtet.

Unterdessen erklärte der für die Polizei zuständige griechische Staatssekretär, Panagiotis Hinofotis, die Regierung plane eine Reform der Polizei. "Wir überlegen uns, wer und unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen künftig eine Waffe tragen wird", sagte er im Rundfunk. Zudem sei geplant, dass sich Polizeibeamte künftig mindestens einmal im Jahr einem psychologischen Test unterziehen müssen.

Der 37-jährige Polizist soll laut Augenzeugenberichten zum Zeitpunkt, als der Todesschuss fiel, "völlig außer Kontrolle und extrem wütend" gewesen sein. Seit dem Tod des Gymnasiasten Alexis Grigoropoulos am Samstagabend wird Griechenland von einer Jugendrevolte erschüttert, bei der es immer wieder zu gewalttätigen Zusammenstößen mit der Ordnungsmacht kommt. Die Nacht zum Freitag verlief erstmals friedlich.

Die Ausschreitungen alarmieren inzwischen auch andere Regierungen in Europa: Finanz- und Wirtschaftskrise haben genug sozialen Brennstoff angehäuft, dass jederzeit ein Funken gewaltsame Proteste wie in den vergangenen Tagen in griechischen Städten auslösen könnte. Am Donnerstag flogen in Dänemark, Italien und Spanien Steine in Schaufensterscheiben und Banken.

In Frankreich zogen Demonstranten vor das griechische Konsulat in Bordeaux und steckten Autos in Brand. An Wänden tauchten Graffiti mit der Ankündigung eines Aufstandes auf. Am Freitag beteiligten sich in Italien Tausende an einem Generalstreik, der allerdings nichts mit dem Tod des griechischen Jugendlichen zu tun hatte.

Zur Plattform der Diskussion unter den rebellischen Gruppen ist sehr schnell das Internet geworden: Einschlägige Webseiten und Blogs verbreiten Aufrufe. Demonstrationen werden übers Internet, SMS und Handy organisiert. Über die Internet-Community Twitter wurden Details von der Konfrontation mit der Polizei aus der Sicht der Demonstranten europaweit verbreitet. Dort wird auch informiert über "bevorstehende Aktionen" in Berlin, Edinburgh und London.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: