Krankenhäuser:Patient Notaufnahme

Krankenhäuser: Immer mehr Patienten gehen gleich ins Krankenhaus, statt erst einmal Rat beim Hausarzt zu suchen.

Immer mehr Patienten gehen gleich ins Krankenhaus, statt erst einmal Rat beim Hausarzt zu suchen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Immer mehr Patienten gehen gleich ins Krankenhaus statt zuerst zum Arzt. Der Marburger Bund fordert eine zentrale Nummer für akute Fälle.

Von Kristiana Ludwig, Berlin

Die Helios Kliniken in Wiesbaden beschäftigen Augenärzte, Psychiater und Thoraxchirurgen, Ärzte für Zahnfehlstellungen und solche, die sich auf schwere Unfälle spezialisiert haben. Viele von ihnen halten sich in den Nächten für Notfälle bereit. Doch die Menschen, die rund um die Uhr in die Krankenhäuser kommen, bringen ihre dramatischen Diagnosen immer öfter selbst mit. Sie haben "Dr. Google" befragt, sagt der Leiter der Notaufnahme, Andreas Fischbach: "Viele Patienten können ihre Symptome nicht einschätzen und erwarten eine umfassende Untersuchung."

Immer mehr Menschen gehen bei akuten Problemen ins Krankenhaus statt zum niedergelassenen Arzt. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Patientenzahlen in der ambulanten Notfallversorgung verdoppelt. Der Grund dafür, so die Einschätzung der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, ist unter anderem ein verändertes Lebensgefühl der Bürger. Onlineshops haben - genau wie die Notaufnahmen - die ganze Nacht geöffnet, Berufstätige sind in fremden Städten unterwegs und besuchen seltener den Hausarzt. Eine Ursache sei aber auch, dass viele Deutsche nicht wüssten, dass sie unter der bundesweit einheitlichen Rufnummer 116 117 einen Notdienst der niedergelassenen Ärzte erreichen können.

Die Ärztegewerkschaft fordert deshalb nun eine Umstrukturierung der deutschen Notfallversorgung. Sie schlägt vor, die Notdienste von Kliniken und Kassenärzten in einem gemeinsamen System zu verbinden. Etwa unter der Nummer 112 sollten künftig Ansprechpartner erreichbar sein, die die Patienten je nach Dringlichkeit ihrer Erkrankung zum richtigen Arzt lotsen - entweder in eine ambulante Notdienstpraxis oder ins Krankenhaus. Zudem, so steht es in einem am Dienstag vorgestellten Eckpunktepapier, fordert der Marburger Bund eine bessere staatliche Finanzierung der Notfallversorgung. In vielen Klinken seien die Ambulanzen heute ein Minus-Geschäft.

Dass das bisherige Nebeneinander von Klinik-Ambulanzen, dem ärztlichen Notdienst und der Notfallrettung überdacht werden muss, darin stimmen auch die Bundesvereinigung der Kassenärzte und die Klinikbetreiber überein. Allein um die Frage, wer eigentlich an der Versorgung der Patienten verdient, gibt es Streit. Die Kassenärzte werfen den Kliniken vor, ihre Betten mit Notfallpatienten zu füllen, denen auch eine ambulante Behandlung helfen würde. Die Kliniken beschweren sich im Gegenzug, die Behandlung von Notfallpatienten werde nicht ausreichend honoriert: "Es kommt der Verdacht auf, dass den Kliniken Behandlungskosten aufgebürdet werden", sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, am Dienstag. Wie auch die Kassenärzte signalisierte er allerdings die Bereitschaft, über ein neues "Patientensteuerungssystem" zu diskutieren.

In Wiesbaden legen die drei Krankenhäuser der Stadt schon heute einen Notfall-Flyer aus, damit sich Patienten besser orientieren können: Mit den 16 wichtigsten Rufnummern.

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