Korruptionsskandal in Österreich:Mit der Bahn ins Kanzleramt

Eigenwerbung auf Kosten der Bahn: In seiner Zeit als Verkehrsminister soll Österreichs Kanzler Faymann die Bahn angewiesen haben, ihn in Werbeanzeigen positiv darzustellen. Auch der damalige Kabinettschef Ostermayer soll in den Skandal involviert sein.

Cathrin Kahlweit

Österreichs Öffentlichkeit hat sich zuletzt ausgiebig mit unschönen, neuen Details zu Skandalen aus der schwarz-blauen Regierungszeit unter ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel auseinandergesetzt. Nun hat das Aufdeckungsfieber auch die SPÖ - und damit den Bundeskanzler der Republik - erreicht. Das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung ermittelt gegen Werner Faymann, der 2007 noch Verkehrsminister war, sowie gegen seinen Staatssekretär und damaligen Kabinettschef Josef Ostermayer.

Austrian Chancellor Faymann waves a red handkerchief during Austrian social democrats SPOe May Day celebrations in Vienna

Plötzlich für manche ein rotes Tuch: Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann.

(Foto: Reuters)

Ex-Infrastrukturminister Faymann, so heißt es, habe in mehreren Zeitungen, allen voran in der ihm freundlich gesinnten Krone und im Boulevardblatt Österreich, Anzeigen der bundeseigenen ÖBB, der österreichischen Bundesbahnen, schalten lassen und damit womöglich die Berichterstattung beeinflusst. Die Anzeige gegen Faymann und Ostermayer, die ein Abgeordneter der FPÖ einreichte und die der SZ vorliegt, hält beiden Untreue und Amtsmissbrauch vor, weil sie ein staatseigenes Unternehmen dadurch geschädigt hätten, dass es imagefördernde Anzeigen für den Minister habe schalten müssen. Faymann, der in New York bei der UN-Generalversammlung weilt, weist alle Vorwürfe zurück und spricht von einem "gewöhnlichen Vorgang". Laut Michaela Schnell von der Staatsanwaltschaft Wien sind die Ergebnisse der Ermittlungen noch nicht ausgewertet worden. Nach den Zeugenaussagen werde man sich jetzt die inkriminierten Anzeigen zur Sichtung vornehmen.

Tatsächlich haben Zeugenaussagen von ÖBB-Managern, die in zahlreichen österreichischen Medien ausgiebig zitiert werden, deutlich gemacht, dass es regelmäßige Vorgaben aus dem Verkehrsministerium gegeben habe, welche Anzeigen man zu schalten habe, die dann aus dem Werbebudget der ÖBB finanziert wurden und in denen Faymann "gut wegkommen" sollte. Der Kurier berichtet von einem Antrag an den ÖBB-Vorstand, der vermerkt, Minister Faymann habe mit der Kronenzeitung eine mehrteilige Kooperation im Jahr 2007 über 500.000 Euro vereinbart; in einer zweiten Fassung dieses Antrags sei der Name Faymann dann aber gestrichen worden, um den Hinweis auf eine direkte Einflussnahme des Ministers zu eliminieren. Der ÖBB-Vorstand bestreitet das.

Kabinettschef Ostermayer soll in der Regel der Überbringer der Aufträge gewesen sein. Neben der Bahn soll auch die Autobahn-Gesellschaft Asfinag in den zweifelhaften Genuss gekommen sein, Inserate auf eigene Kosten zu schalten, die freundliche Artikel in den begünstigten Medien zur Folge gehabt haben sollen. Ein Manager wird im Kurier mit der Aussage zitiert, oft seien außerhalb jeder Budgetplanung "Zusatzaufträge hereingekommen", "da ging es zum Teil um enorme Summen".

Politisch brisant ist die Angelegenheit in mehrerlei Hinsicht. Von einem Staatsbetrieb finanzierte Medienkooperationen, die den politisch Verantwortlichen zugutekommen, haben einen Hautgout - selbst wenn das strafrechtlich nicht zu fassen sein sollte. Die "Inseraten-Affäre" kommt für die SPÖ aber auch zu einem schlechten Zeitpunkt, weil sie von den Skandalen der FPÖ und ÖVP ablenkt, von deren Hintergrund die SPÖ sich positiv abzuheben hoffte.

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