Korea:Friede, Freude, Falschversteher

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Historisch: Südkoreas Präsident Moon Jae-in (rechts) schüttelt die Hand von Kim Yong Nam, Nordkoreas protokollarischem Staatsoberhaupt. Im Hintergrund die Schwester Kim Jong-uns: Kim Yo Yong. (Foto: AP)

Die Versöhnungsshow bei Olympia kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die beiden Koreas in ihrem jetzigen Staatsverständnis unvereinbar sind. Doch jede Chance die Kriegsgefahr zu mindern, muss ergriffen werden.

Kommentar von Stefan Kornelius

Korea liefert gerade einen Traum für die Mitglieder des Friedensnobelpreis-Komitees: strahlende Menschen, unschuldig vereint unter der Flagge eines Fantasielandes, Erzfeinde Schulter an Schulter, Sportteams im ehrlichen Wettstreit, eine Taube als Symbol des Friedens, geformt aus Hunderten glitzernder Leuchtdioden.

Allein: Es ist nur ein Traum, ein schlechter dazu.

Die Olympischen Spiele in Südkorea haben die Halbinsel natürlich nicht über Nacht in den Hort der Friedfertigkeit verwandelt. Der letzte Test mit einer Atombombe liegt kein halbes Jahr zurück. Anschließend sollte die Region wahlweise vernichtet, ausgelöscht oder mit Feuer und Zorn beregnet werden. Raketen stiegen in den Himmel, Raketenabwehrstationen wachsen aus dem Boden. An der Grenze wurde ein flüchtender Soldat niedergemäht. Und vor wenigen Tagen erst paradierte das Regime im Norden sein Arsenal auf und ab.

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Von René Hofmann

Ist Südkoreas Präsident Moon Jae-in also ein hoffnungsloser Naivling, wenn er diesen Moment als Beginn einer Phase der Annäherung und Versöhnung preist? Oder ist er gar ein schlauer Fuchs, der die Olympischen Spiele als einzigartige Gelegenheit erkannt hat und nun in atemloser Geschwindigkeit Weltpolitik schreibt? Die richtige Antwort muss heißen: von beidem etwas. Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel sind so groß, dass jede Gelegenheit zur Minderung der Kriegsgefahr ergriffen werden muss - auch wenn dieser Moment in die verlogen-kitschige Symbolik der olympischen Fahne eingewickelt ist. Andererseits hat Moon geradezu fahrlässig Signale der Offenherzigkeit ausgesandt, die von den notorischen Falschverstehern in Nordkorea mit Sicherheit gegen ihn eingesetzt werden.

Nordkorea nutzt die olympische Versöhnungsoffensive für Propaganda

Es ist unbestritten, dass die komplette Symbolik der Eröffnungsfeier und der Versöhnung seine Wirkung zugunsten Nordkoreas entfaltet - und nicht zugunsten der Skeptiker im Süden. Moon hat für seine Offenheit keine Gegenleistung eingefordert. Schlimmer noch: Nun hat er sich eine Einladung in den Norden eingefangen, die er als höflicher Mensch zu den gleichen Konditionen antreten müsste wie die Nord-Emissäre ihren Besuch im Süden, also konditionsfrei. Das ist natürlich nicht denkbar, Bedingungen gäbe es genug zu stellen. Ein Besuch wertet das Regime im Norden auf, genauso wie die atemberaubende Inszenierung der Reise in den Süden Machthaber Kim jede Menge Sympathiepunkte einbrachte. Wer so eine Schwester schicken kann, muss sich um den Familienruf wenig fürchten.

Nein, die Kims aus dem Norden hätten ein wenig mehr Härte und Klartext verdient. Humanitäre Erleichterungen, Zugang für Hilfsorganisationen, Familientreffen, im Extremfall sogar ein wechselseitiger Manöververzicht oder Teststopp. Von einer Denuklearisierung des Nordens mag ja keiner reden ..

. All den Vereinigungsträumen steht eine sehr nüchterne Analyse entgegen: Nordkorea ist qua seiner Staatsnatur nicht zu erweichen. Abschottung, Aggression und Unterdrückung sind konstituierende Elemente dieses Regimes. Da sind keine Kompromisse zu erwarten. Südkoreas Jugend ist mehrheitlich realistischer in ihrer Einschätzung als der Staatspräsident: So, wie sich beide Nationen präsentieren, kann es keine Vereinigung geben. Ein bisschen Frieden vielleicht, aber auch nur, wenn es die Taktik erzwingt.

© SZ vom 12.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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