Wahl in Griechenland:Lob aus Europa, Erleichterung an den Märkten

Der Sieg der konservativen Nea Dimokratia sorgt für positive Reaktionen: Staats- und Regierungschefs aus aller Welt zeigen sich erleichtert nach dem Ausgang der Wahl in Griechenland und mahnen eine Fortsetzung der Reformen an. Anleger freuen sich über ein spürbares Plus an den Märkten, Euro und Dax schießen in die Höhe.

Der Sieg der konservativen Nea Dimokratia bei den Parlamentswahlen in Griechenland ist im politischen Europa und an den Finanzmärkten mit Erleichterung aufgenommen worden. "Wir hoffen, das die Wahlergebnisse rasch die Bildung einer Regierung erlauben", erklärten EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

An den Devisen- und Rohstoffmärkten hat das Ergebnis anfangs für spürbare Erleichterung gesorgt. Die asiatische Leitbörse in Tokio verzeichnete am Montagmorgen deutliche Gewinne, der Nikkei-Index legte etwa 1,8 Prozent zu. In Hongkong gewann der HangSeng-Index 1,2 Prozent. Den Impuls nahm der Dax zur Handelseröffnung auf - der deutsche Leitindex startete mit einem Plus 1,3 Prozent. Banken- und Finanzaktien gehörten dabei erwartungsgemäß zu den größten Kursgewinnern.

Dann jedoch ließ ein neues Rekordhoch bei den Renditen spanischer Staatsanleihen die Gewinne wieder schmelzen. Analysten bezweifeln, dass sich die Unsicherheit an den internationalen Finanzmärkten rasch legen wird - selbst wenn die Gefahr eines Euro-Austritts der Griechen mit unabsehbaren Folgen in den nächsten Tagen gebannt scheint. Als Belastungen gelten insbesondere die Finanzprobleme in Spanien und Italien.

Der Euro erreichte als Reaktion auf die Wahl in Griechenland am Morgen im asiatischen Handel zwar den höchsten Stand seit fast einem Monat, fiel danach aber wieder klar unter die Marke von 1,27 US-Dollar. Die Ölpreise legten zu.

Nea Dimokratia holt Mehrheit

Nach Auszählung von mehr als 99 Prozent aller Stimmen kommt die Nea Dimokratia auf 29,7 Prozent, wie das Innenministerium in Athen am frühen Montagmorgen im Internet mitteilte. Zusammen mit der sozialistischen Pasok-Partei, die demnach auf 12,3 Prozent kommt, würde sie über eine Mehrheit von 162 Mandaten im 300 Sitze zählenden Parlament verfügen. Beide Parteien hatten sich grundsätzlich für eine Fortsetzung des mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds im Gegenzug für Milliarden-Hilfen verabredeten Sparkurses ausgesprochen - eine Voraussetzung für den Verbleib des hoch verschuldeten Landes im Euro-Raum.

Das radikale Linksbündnis Syriza, das eine Aufkündigung des Sparprogramms angekündigt hatte, wurde mit 26,9 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft. Die Wahlbeteiligung lag bei gut 62 Prozent.

Samaras will ein breites Bündnis

Samaras sagte in seiner Siegesrede, das Volk habe die Politiker gewählt, die für Wachstum und Verbleib im Euroland seien: "Griechenlands Position in Europa wird nicht mehr gefährdet sein." Der Chef der Nea Dimokratia lud alle politischen Kräfte ein, sich an einer Regierung der nationalen Rettung zu beteiligen. Sozialisten-Chef Evangelos Venizelos schlug die Bildung einer möglichst breiten Regierung aus Konservativen, Sozialisten, radikalen sowie gemäßigten Linken vor.

Anos Skourletis, Sprecher der Radikallinken, bezeichnete jedoch alle Diskussionen über ein Bündnis mit Konservativen und Sozialisten als lächerlich. Parteichef Alexis Tsipras sagte, seine Partei wolle stärkste Oppositionskraft bleiben. Das Volk habe innerhalb von sechs Wochen zum zweiten Mal das Sparpaket verurteilt.

"Keine Rabatte auf Reformen"

Bei der Europäischen Union zeigte man sich erleichtert über den Wahlausgang. "Wir begrüßen heute den Mut und die Ausdauer der griechischen Bürger", erklärten Van Rompuy und Barroso. In einem Telefongespräch gratulierte Merkel dem Vorsitzenden der Nea Dimokratia, Antonis Samaras, zum "guten Wahlergebnis". Wie eine Regierungssprecherin in Berlin mitteilte, habe die Kanzlerin aber auch deutlich gemacht, dass sie davon ausgehe, dass Griechenland sich an seine europäischen Verpflichtungen halte.

Greece elections

Erleichterung über den Ausgang der griechischen Parlamentswahlen: Die Nea Dimokratia unter Antonis Samaras hat gewonnen.

(Foto: dpa)

Auch China zeigte sich vom Wahlausgang erfreut. "Wir sind überzeugt davon, dass Griechenland in der Euro-Zone bleiben sollte, um deren Integrität und Stabilität zu wahren", sagte Vizefinanzminister Zhu Guangyao im mexikanischen Los Cabos am Vorabend des G-20-Gipfels. In letzter Konsequenz ging es bei der Wahl um die Frage, ob Athen in der Euro-Zone bleibt oder zur Drachme zurückkehrt.

Die Euro-Finanzminister erwarten von einer neuen Regierung in Griechenland eine Fortführung des vereinbarten Spar- und Reformprogramms. Sparkurs und Strukturreformen seien "Griechenlands bester Weg, die gegenwärtigen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu überwinden", teilte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker am späten Sonntagabend in einer Erklärung mit.

Möglicherweise Aufschub beim Sparen

Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte das gute Abschneiden der Konservativen, mahnte aber zugleich die Einhaltung der "europäischen Verpflichtungen" an. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bot dem hoch verschuldeten Euroland Aufschub bei der Umsetzung des Sparprogramms an. "Ich kann mir gut vorstellen, über Zeitachsen noch einmal zu reden", sagte Westerwelle am Sonntagabend in der ARD. "Am Weg der Reformen führt kein Weg vorbei", fügte er hinzu.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler sagte, es sei ein "guter Tag für Griechenland, guter Tag für die Euro-Zone, guter Tag für unsere gemeinsame Währung, guter Tag für Europa insgesamt". Nun müsse sich Athen klar zu dem Anpassungsprogramm bekennen. "Aus meiner Sicht kann es keine Rabatte auf Reformen geben", sagte der FDP-Chef und Vizekanzler.

Für Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat das mit Griechenland gemeinsam erarbeitete und vereinbarte Reformprogramm nur einen Zweck: Griechenland zurück auf den Weg wirtschaftlicher Prosperität und Stabilität zu führen. "Der Weg dorthin ist weder kurz noch leicht, aber er ist unvermeidlich. Und er eröffnet dem griechischen Volk die Perspektive auf eine bessere Zukunft", ließ Schäuble am Sonntag in Berlin mitteilen.

Erleichterung in Spanien

Das Wahlergebnis in Griechenland wird auch den G-20-Gipfel am Montag und Dienstag in Mexiko beherrschen. Die EU und der IWF verlangen von der neuen Regierung, dass sie die harten Sparauflagen des im März vereinbarten Rettungspakets über 130 Milliarden Euro akzeptiert. Andernfalls soll dem Land der Geldhahn abgedreht werden. Es wird aber erwartet, dass auch die Konservativen auf Nachverhandlungen setzten.

Auch Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hat den Ausgang der Parlamentswahl begrüßt. "Das ist eine sehr gute Nachricht für Griechenland, die Europäische Union, den Euro und auch für Spanien", sagte er. Die griechischen Wähler hätten das Richtige getan. Die Entscheidung werde sich schon bald positiv auf das Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in dem Land auswirken.

Das ebenfalls krisengebeutelte Spanien hatte die EU vor gut einer Woche um einen bis zu 100 Milliarden schweren Notkredit für angeschlagene heimische Banken ersuchen müssen. Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen den Gipfel in Los Cabos nach den Worten Rajoys dazu nutzen, eine Botschaft des Vertrauens in den Euro zu senden. "Es ist an der Zeit, dass wir Europäer die Zukunftsziele klar festlegen", sagte Rajoy. Es müsse deutlich gemacht werden, dass das Euro-Projekt unumkehrbar sei und weiter vorangetrieben werde. Zugleich versprach er, dass Spanien seinen Reformkurs fortsetzen werde.

Bei der Parlamentswahl schnitt auch die faschistische Partei Goldene Morgenröte wieder gut ab. Sie erreichte 6,9 Prozent. Die rechtskonservativen Unabhängigen Griechen erhalten 7,5 und die gemäßigte demokratische Linke 6,2 Prozent. Die Kommunisten kommen demnach auf 4,5 Prozent. Die zweite Wahl binnen sechs Wochen war notwendig geworden, weil Gegner und Befürworter des Spar- und Reformprogramms nach der Parlamentswahl vom 6. Mai keine Mehrheit für eine Regierungsbildung finden konnten.

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