Konjunktur:Deutsche Wirtschaft trotzt den Krisen

Trotz Terror und Chinas Schwäche ist die Konjunktur robust - dank der Beschäftigung und dem Ölpreis.

Von A. Hagelüken

Die deutsche Wirtschaft ist ungeachtet aller Krisen weltweit auch 2015 deutlich gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt erhöhte sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um 1,7 Prozent, so stark wie seit vier Jahren nicht mehr. Kalenderbereinigt fällt der Wert etwas niedriger aus, liegt aber - das zweite Jahr in Folge - immer noch über dem Schnitt des vergangenen Jahrzehnts. Als besonders positiv werten Ökonomen, dass die Volkswirtschaft auch im vierten Quartal den internationalen Bedrohungen trotzte. Der Zuwachs war hier mit etwa einem Viertel Prozent aber geringer als im übrigen Jahr.

Ungewöhnlich für die Bundesrepublik waren die Ursachen des Wachstums. "Die Konjunktur lebt nicht wie sonst oft üblich von den Exporten", sagt Roland Döhrn, Konjunkturchef des Wirtschaftsforschungsinstituts RWI. Das Ende des Booms in Schwellenländern wie China dämpft die Nachfrage nach deutscher Ware. Zwar erhöhten sich die Ausfuhren deutlich, doch die Importe noch mehr. Damit trug der Außenhandel nur 0,2 Prozent zum Wachstum von 1,7 Prozent bei. Die Investitionen nahmen weniger zu als 2014.

Antreiber war dagegen der private Konsum, der davon profitierte, dass seit der Wiedervereinigung noch nie so viele Deutsche eine Stelle hatten. Mehr Kaufkraft bescherten auch Sondereffekte, die wieder verschwinden werden: "Der starke Rückgang des Ölpreises hat den Konsum befeuert", sagt der Forscher Döhrn, "man muss lange zurückgehen, um so etwas zu sehen." Die Inflation reduzierte sich von 0,9 Prozent 2014 auf 0,3 Prozent. Noch stärker als der private Konsum erhöhten sich die Staatsausgaben, etwa durch die Ausgaben für Flüchtlinge. Der Staat nahm aber auch sehr viel Geld ein: Mit 16,4 Milliarden Euro erzielten Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen den zweithöchsten Überschuss seit der Wiedervereinigung.

Dieses Jahr ist eine schwarze Null nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht sicher. Die Regierung habe sich einen ausgeglichenen Haushalt vorgenommen, aber "keiner von uns kann die wirtschaftliche Situation genau voraussagen", sagte Merkel. Fragen von elementarer Wichtigkeit wie etwa die Bekämpfung von Fluchtursachen oder die Integration müssten immer wieder neu betrachtet werden. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte tags zuvor gesagt, man dürfe den Zusammenhalt der Gesellschaft nicht dadurch gefährden, dass die schwarze Null wichtiger sei als die Einstellung von Lehrern und andere Aufgaben des Staates.

Allerdings rechnet die Bundesregierung wie viele Konjunkturforscher für dieses Jahr nach wie vor mit einem ähnlich hohen Wachstum wie 2015. Dabei sind die Risiken ähnlich. "Die Schwäche der Schwellenländer wirkt sich aus", sagt Oliver Holtemöller, Vorstand des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, voraus. Dagegen würden die staatlichen Ausgaben für Flüchtlinge und der private Konsum die Wirtschaft weiter stützen. Das gelte zumal, wenn der Ölpreis so niedrig bleibe wie aktuell mit 30 Dollar. Holtemöller wies darauf hin, dass viele Konjunkturforscher in ihren Prognosen eher mit einem Ölpreis von 40 Dollar kalkuliert hätten.

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