Kongress:US-Justizminister verweigert Einsicht in Folter-Gutachten

John Ashcroft weigert sich, dem Kongress einen Bericht seines Ministeriums auszuhändigen, in dem der Einsatz bestimmter Foltermethoden unter bestimmten Umständen - etwa im Kampf gegen den Terrorismus - gerechtfertigt wird.

Er halte es für unangebracht, derartige Informationen zu veröffentlichen, sagte Ashcroft vor dem Rechtsausschuss des Senats. Der Kongress habe jedoch das Recht, jede Frage zu der Angelegenheit zu stellen.

Wie die Washington Post berichtete, werden in dem brisanten Dokument internationale Anti-Folter-Gesetze als "verfassungswidrig" bezeichnet, wenn sie sich auf Verhöre im Rahmen des Krieges gegen den Terrorismus beziehen.

Folter sei beispielsweise unter der Bedingung erlaubt, dass dadurch weitere Anschläge des al-Qaida-Netzwerks auf die USA verhindert werden könnten.

Der Bericht wurde im August 2002 auf eine Anfrage des US-Geheimdienstes CIA verfasst und war an Alberto Gonzalez, Berater im Weißen Haus, adressiert. Der stellvertretende Justizminister Jay Baybee hatte das Dokument unterzeichnet.

"Diese Regierung lehnt Folter ab"

"Diese Regierung lehnt Folter ab", sagte Ashcroft in der Senatsanhörung zum Thema Terrorabwehr in Washington. US-Präsident George W. Bush, so der Justizminister, habe keine Anordnung zur Folterung von Gefangenen gegeben, die gegen amerikanische oder internationale Gesetze verstießen.

Im Gegenteil habe Bush erklärt, dass sogar al-Qaida-Gefangene gemäß der Genfer Konventionen behandelt werden sollten, obwohl sie nicht den Status von Kriegsgefangenen hätten. Ashcroft versicherte, dass folternde US-Soldaten zur Rechenschaft gezogen würden.

Er weigerte sich trotz hartnäckiger Fragen demokratischer Senatoren strikt, näher auf Rechtsgutachten einzugehen. Der Minister gab auch keine Auskunft darüber, ob Bush die Papiere gesehen und wenn ja, wie er darauf reagiert hat.

Nach US-Medienberichten waren die Experten in den Gutachten von 2002 und 2003 zum Schluss gekommen, dass Bush nicht zwangsläufig an internationale Gesetze zum Folterverbot gebunden sei.

Folter in Form physischer oder psychologischer Schmerzen könne im Zuge des Antiterrorkriegs - etwa bei Verhören von al-Qaida-Verdächtigen - zulässig sein, wenn es darum gehe, von den Gefangenen Informationen zur Verhinderung von Terroranschlägen zu erhalten.

Das Gutachten bezeichnete Ashcroft als "hypothetisch" und verwahrte sich gegen den Vorwurf des demokratischen Senatoren Edward Kennedy, die Memoranden hätten die Voraussetzungen für die Gefangenenmisshandlungen von Abu Ghoreib geschaffen.

Senator Charles Schumer erklärte, dass nur wenige Menschen sagen würden, "Folter darf niemals angewendet werden, besonders wenn tausende von Leben auf dem Spiel stehen". Allerdings müsste eine Debatte und Entscheidungen diesbezüglich öffentlich sein.

Senator Joseph Biden erinnerte die Kongressmitglieder daran, dass das Verbot der Folter auch dazu dient, "meinen Sohn im Militär zu beschützen. Dazu gibt es diese Verträge. Wenn Amerikaner gefangen werden, werden sie nicht gefoltert."

Die Anhörung fand vor dem Hintergrund der jüngsten Berichte über massive Misshandlungen von Gefangenen durch US-Soldaten im irakischen Gefängnis von Abu Ghoreib statt.

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