Kongo:Kinderarbeit für Smartphones

Sie schleppen schwere Lasten und atmen giftigen Staub ein: Kinder werden laut Amnesty und Afrewatch für lebensgefährliche Arbeit in Kongos Kobaltminen eingesetzt - manche schon im Alter von sieben Jahren.

Von Isabel Pfaff

Mehr als die Hälfte aller Deutschen nutzt ein Smartphone, global sollen es schon mehr als zwei Milliarden Nutzer sein. Tragbare Elektronik gehört inzwischen fest zum Straßenbild jeder Metropole. Und doch interessieren sich die wenigsten Nutzer dafür, was genau in ihren Telefonen steckt und woher die Stoffe kommen. Nun hat Amnesty International zusammen mit der kongolesischen Organisation African Resources Watch (Afrewatch) einen Bericht veröffentlicht, der zeigt, wie im Süden der Demokratischen Republik Kongo Kobalt gefördert wird. Das Metall ist ein wichtiger Bestandteil von Smartphone- oder Tablet-Akkus; mehr als die Hälfte des weltweit gehandelten Kobalts kommt aus dem Kongo. Den Recherchen von Amnesty zufolge sind es oft Kinder, die das Metall unter lebensgefährlichen Bedingungen aus der Erde holen. Einige von ihnen seien erst sieben Jahre alt.

Zum Teil verdienen sich die Jungen und Mädchen so ihr Schulgeld, andere arbeiten Vollzeit in den Minen. Sie verbringen bis zu 24 Stunden unter Tage, schleppen schwere Lasten und sind dem giftigen Kobaltstaub ohne Handschuhe oder Masken ausgesetzt. "Die Art der Arbeit, die unsere Rechercheure Kinder in den Kobaltminen des Kongo haben verrichten sehen, ist gefährlich und schädigt höchstwahrscheinlich die Gesundheit und Sicherheit dieser Kinder", heißt es in dem Amnesty-Bericht.

Allein in der Provinz Katanga soll es in anderthalb Jahren 80 Tote gegeben haben

Für die Untersuchung haben die Ermittler knapp 90 Personen befragt, die in den kleinen Kobaltminen des südlichen Kongo arbeiten, darunter 17 Kinder. "Es gibt viel Staub, wir holen uns leicht Erkältungen, und es tut uns überall weh", zitiert der Bericht einen 14-Jährigen. Auch die erwachsenen Kobalt-Förderer leiden häufig unter Lungenproblemen oder Hautkrankheiten. Die Arbeit in den Kobalt-Tunnels ist außerdem so unsicher, dass es immer wieder zu tödlichen Unfällen kommt. Zwischen Mitte 2014 und Ende 2015 soll es Amnesty zufolge mindestens 80 Tote in den Minen der Provinz Katanga gegeben haben.

Um herauszufinden, wo das unter diesen Bedingungen geförderte Kobalt letztlich landet, folgten die Rechercheure von Amnesty und Afrewatch dem Rohmetall von den Minen zu den Exportfirmen. Einer der wichtigsten Kobaltabnehmer im Kongo ist demnach die Firma CDM, eine Tochter des chinesischen Unternehmens Huayou Cobalt. CDM exportiert das verarbeitete Metall nach China, wo es an chinesische und südkoreanische Batterie-Hersteller weiterverkauft wird. Diese wiederum versorgen große Tech-Firmen wie Apple, HP und Microsoft sowie Automobilunternehmen wie Daimler und Volkswagen mit den begehrten aufladbaren Batterien für Smartphones, Tablets und Elektroautos.

Amnesty International hat die Firmen kontaktiert, die höchstwahrscheinlich Kobalt über CDM und Huayou Cobalt beziehen. Fast alle dieser Unternehmen bekennen sich eindeutig zur Einhaltung der Menschenrechte und zum Kampf gegen Kinderarbeit, auch bei ihren Zulieferern. Auf die Frage, ob das bei ihnen verarbeitete Kobalt aus der Demokratischen Republik Kongo kommt, kann jedoch nur die Firma LG eine eindeutige Antwort geben: Ja. Die übrigen, darunter Apple, Microsoft, Samsung und Daimler, behaupteten, sie wüssten es nicht. Einige kündigen in ihren Antworten Untersuchungen an, andere verweisen darauf, wie schwierig es für sie sei, die Herkunft ihrer Metalle nachzuverfolgen. Für Amnesty und Afrewatch ist das keine hinreichende Entschuldigung. Sie kommen zu dem Schluss: "Die Firmen entlang der Kobalt-Zulieferkette scheitern derzeit daran, ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachzukommen."

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