Konflikt um Lage in Tibet:"Olympia-Eröffnung boykottieren"

Der Ruf nach klaren Reaktionen auf die Unruhen in Tibet wird lauter: Frankreichs Außenminister Kouchner hat jetzt einen Boykott der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele ins Gespräch gebracht.

Nach Ansicht des französischen Außenministers Bernard Kouchner sollte die EU einen Boykott der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking erwägen. Einen Boykott der gesamten Spiele wegen der chinesischen Repressionen in Tibet plane Frankreich aber nicht. Dies wäre "ungerecht", sagte Kouchner am Dienstag in Paris.

Konflikt um Lage in Tibet: Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner hat eine Diskussion über deutliche Signale an China angeregt.

Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner hat eine Diskussion über deutliche Signale an China angeregt.

(Foto: Foto: AP)

Der Präsident des Europaparlaments, Hans-Gert Pöttering, schloss zuvor einen Boykott der Sommerspiele in China nicht aus. "Ich will mich jetzt auf endgültige Schritte nicht festlegen, aber man muss alle Optionen offen halten", sagte er. Kouchner nannte den Vorstoß "interessant". Die EU-Außenminister sollten sich auf ihrem Treffen Ende des Monats mit dem Thema befassen.

Doch auch von anderer Seite wird der Ruf nach deutlichen Signalen an China lauter: Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) appellierte an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Horst Köhler, die Olympia-Eröffnungsfeier in Peking zu boykottieren.

GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch sagte, nach der blutigen Niederschlagung der Unruhen in Tibet könne die internationale Gemeinschaft nicht so tun, als sei nichts passiert. "Wenn deutsche Politiker nicht zu den Eröffnungsfeierlichkeiten erschienen, würden sie ein deutliches Zeichen für die Einhaltung internationaler Standards in Sachen Menschenrechte und Völkerrecht setzen. Die Sportler würden dadurch nicht getroffen."

Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" (ROG) warf der Führung in Peking im Zusammenhang mit den Unruhen vor, sie wolle im Tibet einen Aufstand ohne Zeugen niederschlagen.

Laut ROG dürfen seit dem 12. März keine ausländische Journalisten mehr nach Tibet. Die Internet- und Pressezensur sei ausgeweitet worden. Telefonleitungen wurden demnach teilweise unterbrochen. Auch die Nachrichtenseiten von BBC, CNN und Yahoo seien in der vergangenen Tagen oft nicht erreichbar gewesen.

Weitere Todesopfer

Bei neuerlichen Protesten von Tibetern in den chinesischen Provinzen Sichuan und Gansu sind nach exiltibetischen Angaben mindestens 39 Menschen ums Leben gekommen. Als chinesische Sicherheitskräfte am Sonntag in Aba in Sichuan das Feuer auf Demonstranten eröffnet hätten, seien mindestens 20 Tibeter getötet worden, berichtete das exiltibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) am Dienstag aus Indien. Neun der Toten wurden namentlich aufgeführt.

Nach Angaben der exiltibetischen Regierung im indischen Dharamsala sollen ferner 19 Demonstranten bei Protesten seit Montag im Kreis Machu in der Provinz Gansu erschossen worden sein. Eine Bestätigung aus anderen Quellen gab es zunächst nicht. Bisher hatte das TCHRD-Zentrum von mindestens 80 Tote bei den Unruhen in der tibetischen Hauptstadt Lhasa berichtet.

Erneut Proteste in München

In München demonstrierten etwa 50 Tibeter und Gleichgesinnte gegen die Gewalt chinesischer Sicherheitskräfte in Tibet. Mit Fahnen und Transparenten versammelten sie sich in deutlicher Entfernung vor dem chinesischen Generalkonsulat. Die Demonstranten verlangten auch einen Boykott der Olympischen Spiele in Peking. Am Montag waren im München bei Protesten 26 Menschen vorübergehend festgenommen worden. Bis auf einen Demonstranten waren am Dienstag wieder alle auf freiem Fuß.

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