Konflikt mit Syrien:Türkei beschlagnahmt Fracht von syrischem Flugzeug

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Ein gestern Abend gestopptes syrisches Passagierflugzeug ist in den frühen Morgenstunden nach Damaskus weitergeflogen - allerdings ohne verdächtige Fracht. Die türkischen Behörden sollen an Bord sichergestellte Waffen beschlagnahmt haben.

Das syrische Flugzeug, dass gestern Abend von türkischen Behörden zur Landung in Ankara gezwungen wurde, darf seinen Weg fortsetzen. Medienberichten zufolge hatten die türkischen Behörden zuvor im Frachtraum des syrischen Passagierflugzeugs militärisches Gerät gefunden.

Es handele sich um Teile von Raketensystemen und Kommunikationsausrüstung. Die Ladung sei offenbar für die Truppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad bestimmt gewesen. Die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtet inzwischen allerdings, dass weder Waffen noch Militärzubehör gefunden worden sein sollen.

Die Maschine war in Moskau gestartet. Russland ist einer der wichtigsten Verbündeten und Waffenlieferant des Assad-Regimes. Nachdem die verdächtigen Teile beschlagnahmt worden seien, habe der Airbus A320 mit seinen 35 Passagieren an Bord am frühen Morgen Ankara in Richtung Damaskus verlassen.

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu bestätigte laut Nachrichtenagentur Anadolu, dass man Gegenstände gefunden habe, die nach zivilen Luftfahrtvorschriften hätten deklariert werden müssen. Um welche Art Gegenstände es sich handele, sagte er aber nicht.

Türkische F-16-Kampfflugzeuge hatten die syrische Maschine am Abend abgefangen und zur Landung auf dem Esenboga-Flughafen in Ankara gezwungen. Nach Angaben Davutoglus lagen dem türkischen Geheimdienst Informationen über "verdächtige Fracht" vor. "Wir sind entschlossen, den Zufluss von Waffen an ein Regime zu stoppen, das rücksichtslos Massaker an der eigenen Bevölkerung begeht", sagte er laut Nachrichtenagentur Anadolu. Das türkische Onlineportal ntvmsnbc.com meldete, dass sich an Bord des syrischen Airbus Teile von Raketensystemen befunden hätten. Laut Onlineausgabe der Zeitung Hürriyet wurde auch Funkausrüstung, darunter Störsender, sichergestellt.

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Unter den 35 Passagiere hätten sich auch mehrere Russen befunden, die während des erzwungenen Zwischenstopps in Ankara vom russischen Botschafter betreut worden seien, hieß es bei ntvmsnbc.com. Moskau habe von der Regierung in Ankara eine Erklärung gefordert, meldete der arabische Nachrichtensender al-Arabija.

Aus Furcht vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen von syrischer Seite wurden türkische Verkehrsflugzeuge aufgefordert, vorerst nicht mehr den syrischen Luftraum zu durchfliegen.

Die Beziehungen zwischen Ankara und Damaskus sind höchst angespannt. Die Türkei stellt sich im Syrienkonflikt offen auf die Seite der Aufständischen und hat an die 100.000 Flüchtlinge und wichtige Oppositionelle aufgenommen. Im Juni schoss Syrien einen türkischen Kampfjet ab. Seit rund einer Woche schlagen im türkischen Grenzgebiet immer wieder Granaten aus Syrien ein, die Türkei feuert zurück. Erst am Mittwoch hatte die Türkei angekündigt, "mit größerer Wucht" zurückzuschlagen, sollten die Attacken kein Ende haben. Die syrische Führung warf der Türkei vor, sie habe die jüngsten Angriffe an der Grenze selbst inszeniert. Die regierungsnahe syrische Tageszeitung Al-Watan schrieb am Mittwoch, Ziel dieser Taktik sei es, die Einrichtung eines "befreiten Gebietes" im Norden der syrischen Provinz Idlib durchzusetzen.

Die Nato hatte Ankara am Dienstag demonstrativ Unterstützung für den Fall einer weiteren Eskalation im türkisch-syrischen Grenzkonflikt zugesagt. "Wir haben alle notwendigen Pläne bereitliegen, um die Türkei zu schützen und zu verteidigen", sagte Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen beim Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel. "Wir hoffen aber, dass dies nicht notwendig sein wird."

Hinweis: Die türkische Zeitung Hürriyet veröffentlicht auf ihrer Webseite ein Video von dem Vorfall.

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