Konflikt auf der koreanischen Halbinsel:Nordkorea verlegt Mittelstreckenrakete an die Ostküste

Ein Atomschlag Nordkoreas gegen die USA erscheint Experten unrealistisch. Trotzdem geht von dem Land eine reale Bedrohung aus - vor allem für den Nachbarn Südkorea. Nun hat Pjöngjang eine Mittelstreckenrakete "mit beträchtlicher Reichweite" an seine Ostküste verlegt, wie Seoul mitteilt.

Nordkorea droht den USA offiziell mit einem Atomangriff. Den meisten Amerikanern dürfte das keine schlaflosen Nächte bereiten: Denn nach Ansicht von Experten ist Pjöngjang über Jahre hinaus gar nicht in der Lage, das US-Festland mit Langstreckenraketen anzugreifen. Anders sieht die Bedrohung für den südlichen Nachbarn aus.

Denn Ziele in Südkorea, aber auch dort stationierte US-Truppen oder Militärstützpunkte in Japan kann das kommunistische Land mit seinen Waffen vermutlich treffen. Jetzt verlegte Nordkorea eine Mittelstreckenrakete mit "beträchtlicher Reichweite" an seine Ostküste. Das teilte jedenfall Südkoreas Verteidigungsminister Kim Kwan Jin der britischen BBC zufolge mit. Welche Absichten Nordkorea damit verfolge, sei nicht klar. Zudem war unklar, ob die Rakete mit einem Sprengkopf versehen war.

Der Minister widersprach bei einer Sitzung des Verteidigungsausschusses im Parlament zudem Spekulationen, wonach es sich um eine Rakete vom Typ KN-08 mit einer Reichweite von 10.000 Kilometern handele.

Zuvor hatte das Regime in Pjöngjang seinen Ton im Konflikt mit den USA und dem Süden weiter verschärft. Es drohte den USA offiziell mit einem Atomschlag. "Operationen ohne jede Rücksicht" seien bewilligt, hieß es aus Nordkorea.

Die USA forderten daraufhin ein Ende der "Kriegsrhetorik". Der neue US-Verteidigungsminister Chuck Hagel bezeichnete das Verhalten des Regimes in Pjöngjang in einer Rede am Mittwoch als gefährlich. Er betonte: "Wir nehmen diese Bedrohung ernst." Auf die immer schärferen Kriegsdrohungen reagieren die USA mit dem Aufbau einer Raketenabwehr auf der Pazifikinsel Guam. Hagel begründete den Schritt mit der "realen und klaren Gefahr", die von dem kommunistischen Staat ausgehe.

Russland kritisiert Nordkoreas Atompläne

Die Raketenabwehr, ein mobiles ballistisches Abwehrsystem, das teilweise auf Lastwagen montiert sei, soll dem Pentagon zufolge in den nächsten Wochen auf der Pazifik-Insel Guam eintreffen. Kurz zuvor hatten die USA bereits offiziell die Entsendung zweier Kriegsschiffe in den West-Pazifik bekanntgegeben, um die Raketenabwehr in der Region zu stärken.

Den von Nordkorea angekündigten Neustart des abgeschalteten Kernreaktors im Atomzentrum Yongbyon bezeichnete die US-Regierung als "extrem alarmierend". Bislang gebe es aber keine Anzeichen, dass das Regime die Anlage bald wieder in Betrieb nehmen könne, sagte US-Außenamtssprecherin Victoria Nuland in Washington.

Russland bezeichnete Nordkoreas Festhalten am umstrittenen Atomprogramm als inazeptabel und als Verstoß gegen UN-Auflagen. Mit ihrem Verhalten sorge die Führung in Pjöngjang dafür, dass eine Wiederaufnahme der festgefahrenen Sechs-Parteien-Gespräche "radikal verkompliziert, wenn nicht gar faktisch ausgeschlossen" werde, erklärte ein Sprecher des russischen Außenministeriums. Zuvor hatte bereits die Europäische Union eine mögliche Reaktivierung der Atomanlage kritisiert.

Die Gespräche über einen Stopp des nordkoreanischen Atomprogramms sind seit 2008 unterbrochen. An ihnen nehmen neben den beiden koreanischen Staaten Russland, die USA, China und Japan teil.

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