Konferenz in Paris:Klimaunterhändler streiten über 100-Milliarden-Dollar-Rechnung

  • Eine neue Verhandlungsbasis für die zweite Woche beim Pariser Klimagipfel steht, lässt aber noch entscheidende Punkte offen.
  • Besonders heikel ist die Frage der Finanzhilfen für ärmere Länder.
  • Es geht um 100 Milliarden US-Dollar im Jahr - und schon die Berechnungsgrundlagen sorgen für Konflikte.

Diskussion um Finanzzusagen

Vor der zweiten Verhandlungswoche der UN-Klimakonferenz bleibt die Finanzierung des Klimaschutzes ein zentraler Konfliktpunkt. Zwar haben sich die Unterhändler auf eine neue Verhandlungsgrundlage verständigt, die als Basis für die am Montag beginnenden Gespräche auf Ministerebene dienen wird. Der eigentliche Vertragsentwurf ist auf etwa 20 Seiten gekürzt worden, enthält aber an vielen Stellen noch widersprüchliche Varianten zu zentralen Fragen.

Neuen Zündstoff für die Debatte über Geld für Entwicklungsländer könnte dabei eine Liste des UN-Klimasekretariats liefern, die jüngere Finanzzusagen der Geberländer für die kommenden Jahre abbildet.

Nach der Veröffentlichung am Samstag hieß es aus Verhandlungskreisen, auf Basis dieser Liste ergebe sich für 2020 ein Betrag von 94 Milliarden US-Dollar. Damit wären die für diesen Zeitpunkt von den Industrieländern versprochenen 100 Milliarden Dollar jährlich aus privaten und öffentlichen Mitteln fast erreicht.

Gegen diese Darstellung gibt es jedoch Widerspruch. Der Oxfam-Experte Jan Kowalzig etwa kommt auf andere Zahlen und übt grundsätzlich Kritik an der Rechnung der Industriestaaten. "Wenn man sich darauf beschränkt, was konkret angekündigt wurde, landet man eher bei 82 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020", sagte er.

Unterschiedliche Annahmen führen zu unterschiedlichen Zahlen

Der Unterschied in den Berechnungen ergibt sich in erster Linie aus einer unterschiedlichen Grundannahme. Auf die 94 Milliarden Dollar kommt, wer voraussetzt, dass private Kredite und Investitionen in Höhe von 38 Prozent der öffentlichen Mittel hinzukommen. In Verhandlungskreisen heißt es, das sei eine konservative Annahme. Sie entspricht dem Anteil, den die OECD in ihrem Bericht über die Klimafinanzen im vergangenen Jahr festgestellt hatte, als demnach 62 Milliarden Dollar in die Entwicklungsländer flossen.

"Das kann durchaus so sein, aber das ist Spekulation", kommentierte Oxfam-Experte Kowalzig. Er verwies darauf, dass die Zählweise der Industrieländer in der Vergangenheit bereits Kritik hervorgerufen hatte - zum Beispiel, weil dort auch Kredite zu Marktkonditionen mitgezählt würden. Die Südafrikanerin Nozipho Mxakato-Diseko, die in Paris für zahlreiche Entwicklungs- und Schwellenländer einschließlich China spricht, hat bereits mehrfach die Aussagekraft des OECD-Berichts infrage gestellt.

Das Finanzthema ist ein entscheidender Punkt bei der Pariser Konferenz. Viele Entwicklungs- und Schwellenländer wären wohl bereit, ehrgeizigeren Klimazielen zuzustimmen, fordern im Gegenzug aber finanzielle und technische Hilfe. Damit sollen beispielsweise die Öko-Energien ausgebaut werden.

Umweltschützer und Entwicklungsländer fordern zudem immer wieder klare Zusagen, einen höheren Anteil der Mittel für die Anpassung an den Klimawandel zu reservieren. Das kann Projekte für den Schutz vor Überschwemmungen oder den Kampf gegen Dürren umfassen, für die in der Regel private Mittel nur schwer zu bekommen sind.

Auch die Industrieländer fordern Unterstützung

Die Industriestaaten wollen unterdessen verhindern, langfristig allein zur Kasse gebeten zu werden. Sie möchten erreichen, dass auch aufstrebende Schwellenländer wie China sich künftig beteiligen - zumal die armen Länder für die Zeit nach 2020 noch deutlich höhere Hilfen fordern.

Der US-Verhandler Todd Stern hatte in der vergangenen Woche nochmals sehr deutlich gemacht, dass weitere Länder "ermutigt werden sollten, Mittel bereitzustellen". Doch die wehren sich bislang, eine solche Verpflichtung auch im Klimavertrag zu verankern.

Das heikle Thema wird ab Montag die Minister beschäftigen, die die Verhandlungen zwischen den 195 Ländern bis Ende der Woche zum Erfolg führen sollen.

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