Kommunen in Not:Bettensteuer in Hotels

Um einen Teil der schwarz-gelben Mehrwertsteuersenkung abzugreifen, führen findige Kommunalpolitiker eine Bettensteuer ein. Der Hotelverband hält das für verfassungswidrig.

Martin Kotynek

Billiger hätte es werden sollen, in deutschen Hotels zu übernachten. Mehr ausländische Gäste sollten kommen, Touristen länger bleiben - so hatte es sich die Koalition aus Union und FDP gedacht, als sie im Koalitionsvertrag festlegte, dass die Mehrwertsteuer für Hotel-Übernachtungen nur noch sieben Prozent betragen soll.

Das Steuergeschenk aus Berlin hat allerdings nun findige Stadtkämmerer auf eine Idee gebracht: Die Hoteliers sollen helfen, die Finanzlöcher der Städte und Gemeinden zu stopfen. Mehrere Kommunen wollen von den Zusatzeinnahmen der Hotels profitieren - und so könnten Übernachtungen bald teurer werden statt billiger.

Die Kölner sind die Ersten: Am Dienstagabend hat der Stadtrat mit den Stimmen von SPD und Grünen die "Bettensteuer" beschlossen. Wer in einem Hotel in der Stadt übernachtet, soll künftig fünf Prozent des Zimmerpreises für die Förderung der Kultur bezahlen. Seit die Pläne bekannt sind, haben sich mehr als 20 Kommunen in Köln erkundigt. Unter anderem interessieren sich Augsburg, Bochum, Erfurt, Essen, Freiburg, Heidelberg und Stuttgart für die Hotel-Abgabe.

"Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz verlieren wir in diesem Jahr bis zu 30 Millionen Euro", sagt der Kölner Stadtkämmerer Norbert Walter-Borjans. Er muss allein in diesem Jahr ein Loch von mehr als 500 Millionen Euro stopfen. Die bundesweite Steuersenkung für Hotels kam ihm da gelegen: "Unsere Abgabe ist keine zusätzliche Belastung für die Hotellerie, sondern wir verringern lediglich den Vorteil, den die Hotels aus der Mehrwertsteuersenkung ziehen", sagt er. Statt zwölf Prozentpunkten Ermäßigung sei es nun eben nur noch knapp die Hälfte.

SPD und Grüne halten die Idee der Kommunen als legitimen Widerstand gegen Steuergeschenke aus Berlin auf Kosten der Kommunen - die Hotelbesitzer dagegen reden von Spitzfindigkeit. Nur fünf Prozent der Gäste würden das Kulturangebot der Stadt nutzen, die meisten würden Messen besuchen, heißt es bei der Kölner Dependance der Hotelvereinigung Dehoga.

"Verfehlter Finanzausgleich"

Ihr Vorsitzender Wilhelm Wichert sagt, man fühle sich geschröpft: "Ein verfehlter Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden wird auf dem Rücken unserer Branche ausgetragen," sagt er. Der Verband hält - wie die Rathaus-Opposition von CDU und FDP - die Bettensteuer schlicht für verfassungswidrig. Kommunen dürften nur Steuern erheben, die nicht mit Bundessteuern gleichartig sind. Die Bettensteuer entspreche aber der Umsatzsteuer, schreiben Verfassungsrechtler in einem Gutachten für die Hoteliers.

Zudem erwarte die Stadt durch die neue Abgabe Mehreinnahmen von 20 Millionen Euro - durch die bundesweite Steuersenkung für Hotels würden ihr aber nur 200.000 Euro entgehen. Das sei unverhältnismäßig, argumentiert der Hotelverband. Er will gegen das Gesetz klagen, sollte das FDP-geführte Innenministerium von Nordrhein-Westfalen der Bettensteuer zustimmen - und so verhindern, dass andere Städte es Köln nachmachen.

Die Sorgen der Kölner Hotelbesitzer, dass die Gäste wegbleiben, könnte jedoch unbegründet sein. Die Stadt Weimar hat vor fünf Jahren eine Übernachtungssteuer eingeführt; im verganganen Jahr hat sie 504.000 Euro für die Stadtkasse eingenommen. Und trotzdem sind die Übernachtungs-Zahlen jedes Jahr gestiegen. Weimar hat nun zur Hotel-Steuer ein Infoblatt für klamme Kommunen herausgegeben. Es findet reißenden Absatz.

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