Kommunen in der Krise:Pleite wie nie

Die Konjunktur zieht an, doch Städte und Gemeinden spüren davon nichts. Nie mussten die Kämmerer mit 9,8 Milliarden Euro mehr Schulden aufnehmen als 2010. Die Konsquenz: Leistungen werden gestrichen und Gebühren erhöht - Besserung ist nicht in Sicht.

Trotz boomender Konjunktur sind die Haushaltslöcher der deutschen Kommunen so groß wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Gemeinden steuern deshalb mit Sparpaketen und höheren Gebühren gegen, wie der Deutsche Städtetag mitteilte.

2-Euro-Münze zeigt den Kölner Dom

Das nötige Kleingeld fehlt den deutschen Kommunen: Im Jahr 2010 nahmen die Kämmerer ein Rekorddefizit von 9,8 Milliarden Euro auf.

(Foto: dpa)

Die Kämmerer mussten 2010 ein Rekorddefizit von 9,8 Milliarden Euro hinnehmen und erwarten auch für das laufende Jahr ein Minus von 9,6 Milliarden Euro. "Der Aufschwung kommt in den Städten zwar an, die gute Konjunktur hat im vergangenen Jahr ein noch höheres Defizit verhindert, aber sie rettet uns leider nicht", sagte die Verbandspräsidentin und Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth.

Vor allem müssten Städte und Gemeinden dringend bei den stark wachsenden Sozialausgaben entlastet werden. Trotz anziehender Konjunktur und sinkender Arbeitslosigkeit stiegen die Sozialausgaben im vorigen Jahr um knapp zwei auf mehr als 42,2 Milliarden Euro. Dies sei doppelt so viel wie vor 20 Jahren, betonte der Verband. Er rechnet für 2011 mit einem Anstieg auf mehr als 43 Milliarden Euro. Auch die kurzfristigen Kassenkredite hätten sich dramatisch auf 40,5 Milliarden Euro erhöht.

Viele Kommunen hätten keine Einsparmöglichkeiten mehr, sagte Roth. "Sie leben auf Pump." Nach den Worten von Hauptgeschäftsführer Stephan Articus veräußern Gemeinden weiter ihr Tafelsilber in Form von Immobilien. "Die Sparpraktiken verschärfen sich." Grundsteuer und Gebühren würden erhöht. Dies sei zwar unerfreulich für die Bürger, aber unverzichtbar. Dennoch reiche es nicht aus, die Defizite auszugleichen und die Verschuldung abzubauen, sagte Articus.

Als "Einleitung zur Rettung der Kommunen" bezeichnete Städtetagspräsidentin Roth das Angebot des Bundes, die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter von rund 3,9 Milliarden Euro zu übernehmen. Die Gemeinden seien bereit, in Zukunft zu investieren. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie die Grundsicherung im Alter müsse aber der Bund übernehmen.

Die Gemeinden bekräftigten, dass die Gewerbesteuer nicht abgeschafft werden dürfe. Diese für die Kommunen wichtigste Steuer war 2010 um 8,6 Prozent gestiegen und hatte unterm Strich für steigende Steuereinnahmen gesorgt. Die von der Wirtschaft scharf kritisierten Hinzurechnungen von Mieten, Zinsen und Pachten zur Bemessung der Gewerbesteuer hätten für Stabilität gesorgt, sagte Roth.

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