Kommunalwahlen in Frankreich:Ein Land rückt nach rechts

Marine Le Pen

Marine Le Pens rechtsextreme Partei Front National hat bei den Kommunalwahlen ihr bislang bestes Ergebnis eingefahren.

(Foto: dpa)

Präsident Hollandes Sozialisten haben bei den Kommunalwahlen in Frankreich zahlreiche Rathäuser verloren. Es triumphiert: die rechtsextreme Marine Le Pen. Die Regierung appelliert an Sozialisten und Konservative, im zweiten Wahlgang gemeinsam einen Sieg der Rechtsextremen zu verhindern. Doch die können sich nicht einigen.

Von Christian Wernicke

Frankreich hat am Sonntag einen politischen Rechtsruck erlebt. Bei den landesweiten Kommunalwahlen, dem ersten Stimmungstest seit Amtsantritt von Präsident François Hollande, verloren die regierenden Sozialisten (PS) zahlreiche Gemeinden und etliche Großstädte - darunter Straßburg, Metz, Caen, Amiens und Pau - an die konservative Oppositionspartei UMP.

Eine Schmach für beide etablierte Parteien war jedoch der sensationelle Erfolg des rechtsextremen "Front National" (FN): Die Partei von Marine Le Pen errang das beste Ergebnis ihrer Geschichte bei einer Rathauswahl und lag in mehreren Städten vorn, so im südfranzösischen Béziers, in Avignon, Fréjus und Perpignan. Zudem dürfte der FN in etlichen Großstädten mehr als zehn Prozent erreichen und wäre damit auch beim zweiten, entscheidenden Wahlgang am kommenden Sonntag (30. März) ein wichtiger Faktor: Wer gewinnen will, muss um die Stimmen der Rechten werben.

Parteichefin Marine Le Pen bejubelte den FN-Erfolg am Abend als "Sieg über das System" und als Ende der "Zwei-Parteien-Herrschaft" von PS und UMP. In einer ersten Reaktion erklärte Najat Vallaud-Belkacem, die Sprecherin der sozialistischen Regierung, man werde "alles tun, dass kein FN-Kandidat eine Gemeinde erobert". Damit appellierte sie an Sozialisten wie Konservative, sich in Städten mit hohen FN-Ergebnissen vor dem zweiten Wahlgang zusammenzuschließen und als "republikanische Front" einen Sieg der Rechtsextremen zu verhindern.

Die UMP hatte einen entsprechenden Vorstoß von Premierminister Jean-Marc Ayrault vor der Wahl als "alte Leier" zurückgewiesen. Am Sonntagabend riefen UMP-Politiker die FN-Wähler auf, am nächsten Sonntag gemeinsam gegen die Sozialisten zu votieren. Auch sozialistische Lokalpolitiker äußerten Vorbehalte gegen ein Bündnis mit der UMP gegen die Le-Pen-Partei.

Die Wahlbeteiligung fiel am Sonntag mit weniger als 65 Prozent geringer aus als vor sechs Jahren. Vor allem traditionelle Anhänger der Linken hatten vorab erklärt, aus Enttäuschung über Hollandes Politik diesmal ihre Stimme verweigern zu wollen. Gelingt es den sozialistischen Kandidaten nicht, diese Nichtwähler zu motivieren, dürften sie viele Stichwahlen verlieren.

Beim Kampf um die Macht in der Hauptstadt Paris, die seit dreizehn Jahren von der PS regiert wird, lag die sozialistische Kandidatin Anne Hidalgo laut Umfragen knapp vor ihrer UMP-Konkurrentin Nathalie Kosciusko-Morizet, der früheren Umweltministerin unter Sarkozy. Eine endgültige Entscheidung wird hier, wie auch in Marseille, der zweitgrößten Stadt, erst im zweiten Wahlgang fallen.

Hollande plant offenbar eine Regierungsumbildung

François Hollande hatte die absehbare Niederlage seiner Partei bei Frankreichs Rathauswahlen seit Monaten einkalkuliert. Um eine erneute Pleite bei den Europawahlen Ende Mai abzuwenden, plant der Präsident offenbar, bereits Anfang April seine beim Volk unbeliebte Regierung umzubilden. Berater aus dem Élysée-Palast ließen durchblicken, Hollande wolle dabei an Regierungschef Jean-Marc Ayrault festhalten.

Wahrscheinlich wird der Präsident das Kabinett verkleinern - es gilt mit seinen 37 Ministern als ineffizient. Allein unter dem Dach des Finanzministeriums müssen vier vollwertige plus drei beigeordnete Minister miteinander auskommen. Finanzminister Pierre Moscovici von den Sozialisten hat bereits Anspruch auf einen Posten in der nächsten EU-Kommission angemeldet; ebenfalls zur EU ziehen dürfte es Erziehungsminister Vincent Peillon, der bei den Europawahlen auf einem sicheren Listenplatz kandidiert.

Hollande plant zudem, Ausgabenkürzungen sowie einen "Pakt der Verantwortung" von der Nationalversammlung billigen zu lassen. Der sieht vor, Unternehmen und Niedrigverdiener steuerlich zu entlasten. Bei der Abstimmung würde die neue Regierung zugleich die Vertrauensfrage stellen.

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