Kommissionsbericht:Europarat geißelt Rassismus in Ungarn

  • Der Europarat kritisiert Ungarn wegen seines Umgangs mit Flüchtlingen und einer weit verbreiteten öffentlichen rassistischen Hetze.
  • Hasstiraden etwa gegen Flüchtlinge gebe es nicht nur in der rechtsextremen Partei Jobbik, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht.
  • Besorgniserregend seien zudem die Lebensbedingungen von Sinti und Roma, die oft aus Sozialwohnungen vertrieben würden.

Europarat äußert sich besorgt über Ungarn

Der Europarat hat sich besorgt über rassistisch motivierte Überfälle, ausländerfeindliche und antisemitische Hassreden sowie die Behandlung von Asylbewerbern in Ungarn geäußert. Hasstiraden gegen Einwanderer, Flüchtlinge, Roma, Juden, aber auch gegen Homosexuelle beschränkten sich nicht auf die rechtsextreme Partei Jobbik und andere Radikale, stellt die Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarats in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht zu Ungarn fest.

Hasstiraden seien vielmehr im "gesamten politischen Spektrum" vertreten, heißt es in dem Bericht. Als Beispiel wird der Fall eines prominenten Journalisten genannt, welcher der Regierungspartei Fidesz angehört. Er hatte im Januar 2013 in einem Artikel Roma und Sinti als "Tiere" bezeichnet, die "nicht existieren dürften". Die Autoren des Berichts riefen alle politisch Verantwortlichen in Ungarn auf, energischer gegen solche Äußerungen vorzugehen, auch mit strafrechtlichen Maßnahmen.

Viele Asylbewerber können sich nicht frei bewegen

Kritisch äußerte sich das Gremium auch zu Ungarns Umgang mit Asylbewerbern. Mehr als ein Fünftel von ihnen könnte sich nicht frei bewegen, sondern sei in geschlossenen Flüchtlingsheimen untergebracht. Die Experten des Europarats verweisen auf Berichte von Nichtregierungsorganisationen, nach denen Asylbewerber in diesen Zentren oft physischen und verbalen Angriffen seitens der Wärter ausgesetzt sind.

Besorgt äußerten sie sich ferner zu den Lebensbedingungen der Roma und Sinti. Diese würden oft von Gemeindeverwaltungen aus Sozialwohnungen vertrieben. Außerdem würden überdurchschnittlich viele Roma-Kinder in Schulen für Lernbehinderte untergebracht.

Wie Ministerpräsident Orban zu EU-Plänen steht

Ungarns rechtskonservativer Ministerpräsident Viktor Orban ist einer der erbittertsten Gegner des von der EU-Kommission vorgelegten Verteilungsplans für Flüchtlinge innerhalb der EU. Er nannte dieses Vorhaben wiederholt "verrückt". Nach dem Willen der Brüsseler Kommission sollen die Flüchtlinge künftig nach einem Quotensystem aufgeteilt werden, das die Bevölkerungszahl, das Bruttoinlandsprodukt und die Arbeitslosigkeit in den 28 EU-Staaten berücksichtigt. Mehrere EU-Staaten lehnen dies bislang ab.

Harsche Kritik in der EU hatte sich die ungarische Regierung auch mit einem Fragebogen zur Einwanderung zugezogen. In diesem Fragebogen wurden Einwanderer mit Terrorismus in Verbindung gebracht.

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