Kommentar:Schaler Sieg

Es hätte eine Premiere werden können: Wenn Abdelaziz Bouteflika sich einem kompetenten Rivalen in einer Stichwahl hätte stellen müssen, dann hätte die Bestätigung für eine zweite Amtszeit als Präsident Algeriens oder auch die eventuelle Ablösung ein Beispiel von Demokratie in die ganze arabische Welt gebracht.

Von Rudolph Chimelli

Besonders für die Nachbarn, das autoritär regierte Tunesien und die fast absolute Monarchie Marokko, hätte Ansteckungsgefahr bestanden. Aber nicht nur für sie.

Bouteflikas Wiederwahl mit 83 Prozent weckt dagegen ein schales Gefühl. Auch wenn sich der Schwindel nicht beweisen lässt, von dem die geschlagenen Widersacher sprechen, auch wenn Journalisten und andere Beobachter den Eindruck hatten, dass in den Stimmlokalen alles mit rechten Dingen zuging - es bleibt als Fazit, dass sich in dem Land nichts geändert hat, weder die Personen des algerischen Trauerspiels noch die Machtverhältnisse. Ein Sieg mit Ostblock-Prozentzahlen passt nicht zu einem aufblühenden Pluralismus. Weniger wäre mehr gewesen.

Während des Wahlkampfs hatte Bouteflika kritische Journalisten als "Söldner der Feder" getadelt. Algeriens unabhängige Presse ist eine tragende Säule der entstehenden Demokratie. Nun fürchten unbotmäßige Zeitungen die Schikanen und die Rache der Nomenklatura, die sich durch den Sieg des Präsidenten bestätigt fühlt.

Zu Bouteflikas Plänen gehört eine Verfassungsreform. Sie soll vor allem seine Stellung stärken, unter anderem durch die Abschaffung des Amtes des Premierministers. Ali Benfliz, der geschlagene Rivale Bouteflikas, hatte sich schließlich als Regierungschef profilieren können.

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