Kommentar:Die Union sagt Hü und Hott

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Im Vermittlungsausschuss schwanken CDU/CSU zwischen Gemeinwohl und taktischen Interessen.

(SZ vom 9.12. 2003) - Die Union weiß, was sie will. Irgendwann einmal will sie eine Gesundheitsprämie einführen und den Menschen erlauben, die Steuerschulden auf dem Bierdeckel auszurechnen.

Was sie in den nächsten Tagen zu tun gedenkt, weiß die Union dagegen nicht.

Das Votum der C-Parteien im Vermittlungsverfahren um die vorgezogene Steuerreform ist offen. Und an dieser misslichen Lage wird sich wohl erst am oder nach dem dritten Adventssonntag etwas ändern.

Misslich ist diese Lage deshalb, weil die normalen Menschen, also jene, die sich nicht professionell mit Politik beschäftigen, den keineswegs unzutreffenden Eindruck gewinnen, den Beteiligten gehe es mehr um Spektakel und Parteitaktik als um das Wohl des Landes.

Diesen Eindruck gewinnt der Wähler von allen Beteiligten, auch von der Union.

Doch die behauptet tagtäglich, dass Deutschland unter ihrer Regie besser gedeihen würde als unter der des Kanzlers. Sie nimmt für sich in Anspruch, die Hüterin des Allgemeinwohls zu sein. Die Wirklichkeit freilich ist anders.

Durch die C-Parteien geht in der Steuerfrage ein Riss - zwischen jenen, die tatsächlich das Gemeinwohl im Auge haben und solchen, die sich von anderen Interessen leiten lassen, nämlich von ihren persönlichen Ambitionen, Ängsten und Hoffnungen.

Die ersteren sind in der Minderheit und werden angeführt vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel.

Der war und ist der Meinung, dass alles versucht werden muss, um die wirtschaftliche Abwärtsspirale in Deutschland zu stoppen, notfalls eben mit einer zum Großteil auf Pump finanzierten vorgezogenen Steuererleichterung.

Natürlich hat Teufel dabei auch die Zukunft seines eigenen, (noch) wohlhabenden Bundeslandes im Sinn und sicher auch den heimischen Koalitionspartner FDP, von dem er sich in der Steuerpolitik nicht überholen lassen möchte.

Aber in der schwarzen Führungsriege gibt es nur wenige, die sich, wie Teufel, erst einmal nicht darum kümmern, ob und wie der Kanzler von einem Steuercoup profitiert oder nicht.

Der Thüringer Dieter Althaus ist hier noch zu nennen. Ob CSU-Chef Edmund Stoiber tatsächlich noch der Dritte im Bunde ist, weiß man dieser Tage nicht immer ganz genau.

Dafür weiß man, warum die anderen dagegen sind: Weil sie ihren eigenen Bundesländern nicht noch weitere Einsparungen zumuten und ihren künftigen Steuerplänen nicht den finanziellen Boden entziehen möchten.

Der eine oder andere möchte zudem beweisen, dass er der härtere Oppositionspolitiker ist und will daher Schröder vor Jahresende noch einmal richtig in die Suppe spucken.

Ehrenrührig sind diese Motive nicht, sie sind durchaus verständlich. Aber mit Gemeinwohl haben sie recht wenig zu tun, bestenfalls mit Partikularinteressen.

Angela Merkel hat versprochen, dass sich die CDU-Politik von solchen Interessen nicht leiten lasse. Wie sagte die CDU-Chefin in ihrer viel gelobten Grundsatzrede am 1. Oktober:

"Wir müssen mehr für Deutschland tun." Nun, das Land wartet darauf.

© Von Susanne Höll - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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